Libyen Militärflugzeug über Bengasi abgeschossen

Trotz eines am Vortag verkündeten Waffenstillstands haben Truppen des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi am Samstagmorgen das ostlibysche Bengasi angegriffen. Die Stadt sei mit Flugzeugen bombardiert worden, die Lage unübersichtlich, sagte ein Korrespondent des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira am Ort des Geschehens.

Über der ostlibyschen Rebellenhochburg Bengasi ist am Samstag ein Militärflugzeug abgeschossen worden. Wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten, stürzte die Maschine ab und schlug am Boden auf. Der Explosion folgte eine schwarze Rauchwolke. Das Flugzeug, das die Stadt seit einigen Minuten in niedriger Höhe überflogen hatte, tauchte demnach plötzlich am Himmel auf. Hinten rechts hatte es Feuer gefangen. Zunächst war nicht bekannt, wie das Flugzeug abgeschossen wurde. Sein Sturz löste in Bengasi Freudenschüsse aus.

Zuvor hatte es im Südwesten Bengasis anhaltende Angriffe aus der Luft gegeben. Die libysche Führung hatte am Freitag als Reaktion auf eine neue Resolution des UN-Sicherheitsrats eine sofortige Waffenruhe erklärt. Die Aufständischen und die libysche Führung warfen sich jedoch gegenseitig die Missachtung der Waffenruhe vor. Die bei Enthaltung Deutschlands verabschiedete Resolution des Sicherheitsrats erlaubt, eine Flugverbotszone über Libyen und eine Waffenruhe "mit allen nötigen Maßnahmen" durchzusetzen, um die Gewalt gegen die Opposition und Zivilisten zu stoppen.

Der Völkerrechtler Wolfgang Ischinger kritisierte die Enthaltung Deutschlands. Da die Bundesregierung ohnehin erklärt habe, sie trage viele Teile der Resolution mit, wäre es eleganter gewesen, Deutschland hätte zugestimmt, sagte der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Der deutsche UN-Botschafter hätte eine Stimmerklärung abgeben und dabei klar machen können, dass die Zustimmung im Prinzip gelte, die Beteiligung an einem möglichen Einsatz mit eigenen Soldaten aber nicht ins Auge gefasst werde, fügte Ischinger hinzu.

Grundsätzlich ist nach Einschätzung Ischingers die Skepsis am Sinn und an der Effektivität eines militärischen Vorgehens in Libyen berechtigt. "Der Sicherheitsrat hat ausdrücklich den Einsatz von Bodentruppen ausgeschlossen. (...) Hier öffnet sich möglicherweise für das libysche System ein Schlupfloch, eine Möglichkeit, den Druck des Westens (...) aus der Luft am Boden zu unterlaufen", sagte der ehemalige deutsche Diplomat. Diese Skepsis sei bis zu der Entscheidung über die Flugverbotszone auch von der Seite der USA geteilt worden. Aufgrund dieser berechtigten Zweifel hätte es nach Auffassung Ischingers auch gereicht, das Mittel des militärischen Drucks zunächst noch in der Hinterhand zu halten und nicht sofort zu drohen.

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DPA/AFP