Aufgrund einer Rede des US-Aussenministers George C. Marshall am 5. Juni 1947 vor Studenten an der Harvard University, in der er anregte, dem katastrophal kriegsgeschädigten Europa mit einem Aufbauprogramm wieder auf die Beine zu helfen, stellten die USA in den Jahren 1948 bis 1952 über 13 Milliarden Dollar als Wiederaufbau-Hilfe den zerstörten Ländern Europas bereit. Der später nach ihm benannte »Marshall-Plan« wurde zum erfolgreichsten Wirtschafts-Hilfsprogramm der Neuzeit.
Auszüge aus der Rede des Außenministers
»... Die europäischen Wirtschaftsstrukturen sind im Krieg völlig zusammengebrochen. Der Wiederaufbau wurde erheblich dadurch verzögert, daß zwei Jahre nach Beendigung der Kriegshandlungen noch immer kein Friedensvertrag mit Deutschland und Österreich geschlossen wurde. Doch selbst bei einer schnelleren Lösung dieser schwierigen Probleme würde die Wiederherstellung der europäischen Wirtschaftsstruktur offensichtlich wesentlich mehr Zeit und größere Bemühungen erfordern, als zunächst angenommen.
Tatsächlich wird der europäische Bedarf an ausländischen Lebensmitteln und anderen wichtigen Produkten - hauptsächlich aus Amerika - in den kommenden drei oder vier Jahren unendlich viel größer sein als Europas Zahlungsfähigkeit. Der Kontinent braucht daher umfassende Unterstützung, oder er sieht einer sehr bedenklichen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Verschlechterung entgegen.Es ist daher eine logische Schlußfolgerung, daß die USA alles in ihrer Macht Stehende tun sollte, um die Genesung der Weltwirtschaft zu fördern. Denn ohne eine funktionierende Wirtschaft sind politische Stabilität und die dauerhafte Sicherung des Friedens nicht möglich.
Unsere Politik richtet sich nicht gegen andere Länder oder politische Lehren, sondern gegen Hunger Armut, Verzweiflung und Chaos. Das große Ziel dieser Politik ist das Wiederaufleben einer funktionierenden Weltwirtschaft, welche die Entstehung politischer und gesellschaftlicher Bedingungen ermöglicht, unter denen freie Institutionen existieren können.
Ich bin mir sicher daß jede Regierung, die bereit ist, sich für den Wiederaufbau einzusetzen, mit der vollen Unterstützung der Vereinigten Staaten rechnen kann.
Eines ist bereits deutlich geworden: Bevor die Regierung der USA mit ihren Bemühungen voranschreiten kann, das Elend zu mildern und Europa auf den Weg des Wiederaufbaus zu bringen, müssen sich die Länder Europas darüber einigen, welcher Bedarf konkret besteht und welche Initiativen sie selbst ergreifen wollen, um alle eventuell von der Regierung der USA adoptierten Maßnahmen effektiv durchzusetzen. Es wäre weder angemessen noch nutzbringend, wenn die USA einseitig ein Programm zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas entwürfen. Das ist Sache der Europäer. Ich bin fest davon überzeugt, daß die Initiative von Europa ausgehen muß. Die Rolle der USA sollte darin bestehen, bei der Konzeption eines europäisches Programms freundliche Hilfestellung zu bieten und die spätere Realisierung eines solchen Programms im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen. Es sollte sich hier um ein gemeinsames Programm handeln, dem zahlreiche, wenn nicht alle, Nationen Europas zustimmen...»