US-Wahlkampf Michelle Obama vs. Hillary Clinton - so ähnlich und doch so verschieden

Michelle Obama unterstützt Hillary Clinton. Bislang lediglich über Bande, doch nun treten die beiden erstmals gemeinsam im Wahlkampf auf. Ein Vergleich zweier Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können und die dennoch viel verbindet.

Was sie trennt: ihre Herkunft, ihre Rollen, ihre Hautfarbe. Was sie verbindet: Beide haben acht Jahre im Weißen Haus verbracht. Beide haben ihren Nachwuchs im Zentrum der Macht großgezogen. Beide kämpfen gegen Donald Trump - jede auf ihre Art: Michelle Obama mit Verstand und heißem Herz, Hillary Clinton mit Erfahrung und kühlem Kopf. Seit Wochen schon ist die aktuelle First Lady Clintons wohl beste Wahlkampfwaffe, doch erst jetzt, knapp zwei Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl, treten die beiden erstmals gemeinsam auf. Schauplatz wird die Wake-Forest-Universität in North Carolina sein, einer der am meisten umkämpften Bundesstaaten.

Michelle Obama und Hillary Clinton verbindet einiges

Ungefähr zwei Stunden lang kann sich die demokratische Kandidatin dort im Glanz Obamas sonnen. Wohl noch nie war eine Präsidentengattin derartig beliebt wie Michelle, 70 Prozent der Amerikaner mögen sie, von solchen Werten kann Hillary Clinton nur träumen. Die ehemalige First Lady ist der unbeliebteste Präsidentschaftsbewerber seit Ewigkeiten, schlechter kommt nur noch Donald Trump weg. Die Anhänger von Michelle Obama glühen dagegen vor Verehrung, viele flehen sie förmlich an, bei den nächsten Wahlen in vier Jahren selbst ins Rennen ums Weiße Haus einzusteigen. Ihre Standardantwort bislang: Um Gottes Willen, die bisherigen siebeneinhalb Jahre seien mehr als genug.

Hillary Clinton und Michelle Obama – zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können und die dennoch viel verbindet:

  • Kindheit und Werdegang

Clinton wuchs behütet als Tochter eines (republikanischen) Textildruckers im Bundesstaat Illinois auf, machte Ballett, lernte Klavierspielen und engagierte sich in der methodistischen Kirche. Bürgerlicher geht es kaum. Anders Obama: Sie kommt ebenfalls aus Illinois (Chicago), und ihre Eltern waren ebenfalls Methodisten, doch die jetzige First Lady stammt aus sehr einfachen Verhältnissen auf. Dass sie einmal studieren würde, war alles andere als selbstverständlich. Beide sind gelernte Juristen, beide studierten an Eliteuniversitäten - Clinton in Yale, Obama in Harvard.

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Mit bebender Stimme: Hier filetiert Michelle Obama Trumps Sexismus
  • Engagement und Politik

Beide haben eine Zeit lang als Anwältinnen gearbeitet, Obama wechselte dann in Richtung Verwaltung. Als First Lady machte sie zunächst First-Lady-Dinge: gut aussehen und Muttersein. Ihre politischste Aktion in den Anfangsjahren: Sie legte einen Gemüsegarten im Weißen Haus an. Hillary Clinton zog es nach einer Jura-Professur in die Politik. An der Seite ihres Mannes Bill mischte sie unter anderem die US-Gesundheitspolitik auf. Vor seiner ersten Wahl warb der Gatte mit dem Spruch: "Zwei (Clintons) für den Preis von einem." Nach acht Jahren als First Lady wurde Hillary Senatorin für New York und US-Außenministerin, 2008 unternahm sie ihren ersten Anlauf auf das Präsidentenamt.

  • Kinder und Familie

Ohne Familie und Kind ist in jüngster Zeit niemand US-Präsident geworden. Michelle Obama und Hillary Clinton machen da keine Ausnahme. Als die Clintons in die Hauptstadt Washington gezogen sind, waren sie 17 Jahre verheiratet. Tochter Chelsea war nicht einmal zwölf Jahre alt. Als ihnen die Obamas 2008 nachfolgten, waren sie 16 Jahre liiert und brachten zwei Töchter mit: Malia, damals zehn Jahre alt, und die siebenjährige Schwester Sasha. Von einer mehr oder weniger normalen Ehe, wie sie das amtierende Präsidentenpaar zu führen scheint, sind oder waren die Clintons weit entfernt. Die zahllosen Affären von Bill hätten ihn fast das Amt gekostet. Doch Hillary blieb an seiner Seite. Vermutlich nicht allein der Liebe wegen -  sondern auch im Hinblick auf ihre politische Karriere.

  • Glamour und Auftreten

Hillary Clinton hat geschafft, wovon viele Frauen träumen: Sie wird so gut wie nie über ihr Äußeres definiert - sondern für das, was sie tut. Oder auch nicht tut. Von ihren Frisuren abgesehen beschäftigt sich die Öffentlichkeit höchstens noch mit ihrem oft künstlich wirkenden Lachen und ihrer spröden, bürokratischen Art, Vorträge zu halten. Was für ein Unterschied zu Michelle Obama. Die schien mit einem Kleiderschrank voll von ärmellosen Kleidern ins Weiße Haus eingezogen zu sein, und die Nation hielt den Atem an: Was für ein Geschmack! Eine neue Jackie Kennedy! Und erst ihre Oberarme! Eine Zeit lang schien Obama mit ihrem Image als Stilikone zufrieden zu sein. Doch seit einigen Monaten legt sie immer häufiger die Fesseln einer First Lady ab und zeigt sich locker, cool und geistreich. Etwa beim legendären Carpool-Karaoke, beim Weintrinken in einem CVS-Markt oder bei ihrer gepfefferten Anti-Trump-Rede, bei der sie nicht ein Mal den Namen des Republikaners in den Mund nahm.

Zwei Frauen für die Geschichtsbücher

In die Geschichtsbücher sind Hillary Clinton und Michelle Obama schon jetzt eingegangen. Auf der einen Seite die erste First Lady, die Senatorin und Außenministerin wurde und die erste Präsidentin der Vereinigten Staaten werden könnte. Auf der anderen Seite Michelle Obama, die erste schwarze First Lady, die mit Style und Charme die Herzen der Menschen erobert hat. Natürlich auch deshalb, weil sie keine Verantwortung tragen muss. Während die Amerikaner bei Hillary Clinton nur so ungefähr wissen, was sie bekommen, wissen sie bei Michelle Obama zumindest, was sie verlieren.