Wahlkampfzeiten sind nichts für Schöngeister. In Wahlkampfzeiten wird geprotzt, geklartextet, gepöbelt und gelogen. Wahlkampfzeiten sind wie geschaffen für Politiker wie Donald Trump. Der US-Präsident, ohnehin nicht bekannt dafür, es mit der Wahrheit allzu genau zu nehmen, ist in den vergangenen Wochen beinahe manisch durchs Land gereist, um seine Anhänger mit markigsten Worten einzupeitschen. Im Angesicht des drohenden Verlusts der Mehrheit im Repräsentantenhaus hat Trump seine Schlagzahl an Falschaussagen und Lügen noch einmal erhöht. Laut "Washington Post" von 290 im Januar auf rund 1000 im Oktober.
Die Fakten-Prüf-Seite "Politifact" hat Donald Trumps heftigste Verdrehungen aufgelistet:
Die Demokraten wollen Karawane um Karawane illegaler Einwanderer in unser Land einladen, um ihnen freie Krankenversorgung, freie Sozialhilfe, freie Bildung und das Wahlrecht zu geben.
(Anmerkung: "Die Karawane" nennt Trump (abschätzig) den Flüchtlingstreck, der derzeit auf den Weg zur US-mexikanischen Grenze ist.)
- Laut "Politifact" gibt es keinen Hinweis darauf, dass die demokratische Partei derartige Flüchtlingskarawanen rekrutiert. Die Vertreter der Opposition wollen Flüchtlingen lediglich weiterhin Asyl gewähren. Fraktionschefin Nancy Pelosi sagt aber auch: "Wenn die Menschen aus wirtschaftlichen Gründen kommen, haben sie kein Anrecht auf Asyl."
Die US-Stahlindustrie baut sieben neue Fabriken.
(Anmerkung: Das Versprechen, die darbende US-Stahl-und Kohleindustrie wiederzubeleben, gehört zu Trumps größten Wahlversprechen.)
- Laut "Politifact" variieren Trumps Wahlkampfangaben über den Bau neuer Fabriken zwischen sechs und sieben. Neu eröffnen wird jedoch gar keine. Es sollen lediglich zwei stillgelegte Schmelzöfen reaktiviert werden, zudem wird eine Anlage für Stahlbeschichtung ausgebaut. Das schaffe zwar Jobs, sei aber weit entfernt von neuen Fabriken, so "Politifact".
Unter Nafta haben wir Abermillionen von Jobs verloren.
(Anmerkung: Nafta war das nordamerikanische Handelsabkommen, das Trump gekündigt hat und durch einen neuen Vertrag namens USMCA ersetzt wird.)
- Laut "Politifact" sind seriöse Schätzungen über mögliche Jobverluste schwierig. Das gewerkschaftsnahe "Economic Policy Institute" geht von rund 850.000 aus, ein Bericht eines unparteiischen Kongressausschusses spricht von "relativ moderaten" Auswirkungen. Sicher ist: von "Abermillionen" Jobs kann keine Rede sein.
Wir haben die größte Steuersenkung und –reform der Geschichte verabschiedet.
(Anmerkung: Die Steuerreform ist bislang Trumps größter Erfolg und wird mit Abstrichen auch von Nicht-Trump-Anhängern unterstützt.)
- "Politifact" merkt dazu an: Diese Behauptung ist schlicht falsch. Je nach Messlatte ist es die viertgrößte Steuersenkung seit 1940 (inflationsbereinigt) oder die siebtgrößte (gemessen am Bruttosozialprodukt). Laut US-Finanzministerium gab es allein 2010 und 2012 Senkungen in Höhe von mehr 500 Milliarden Dollar - mehr als die dreifache Summe der Trump-Reform.
Bob Casey hat dafür gestimmt, in Pennsylvania Abertausende illegale Kriminelle und bösartige Gang-Mitglieder zu entlassen.
(Anmerkung: Bob Casey ist der Kandidat der Demokraten in Pennsylvania für den US-Senat.)
- Nach Recherchen von "Politifact" ist die Mengenangabe maßlos übertrieben - und zudem unklar, worauf sie sich bezieht. Die zuständige Behörde Immigration and Customs Enforcement gibt lediglich an, innerhalb von neun Monaten maximal 142 Kriminelle und Gangmitglieder freigelassen zu haben - weist allerdings darauf hin, dass ihre Gangmitgliedschaft keinesfalls gesichert ist.
Quellen: "Politifact", "Washington Post", "Tagesspiegel"