Militärexperte erklärt Warum die Panzer und Raketen so wichtig für die Ukraine werden

Walter Feichtinger
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Sehen Sie im Video: Militärexperte Walter Feichtinger erklärt die Lage in der Ukraine.




Militärexperte und Konfliktforscher Brigadier (General) a.D. Walter Feichtinger.
Über die Lage an der Front, weitere deutsche Waffenlieferungen, die Bedeutung von britischen Raketen mit langer Reichweite und die mögliche Lieferung von westlichen Kampfjets.
  • Die weitere Lieferung von deutschen Kampfpanzer ist für die Ukraine extrem wichtig
  • Mit britischen Raketen von großer Reichweite kann Ukraine russische Logistik im Hinterland angreifen
  • Westliche Kampfjets würden der Ukraine helfen, aber frühestens in 6 Monaten geliefert werden können
  • Bachmut nur noch ein Ruinenfeld – Russen erwarten ukrainische Offensive


Feichtinger ist Militärexperte und Konfliktforscher , ehemaliger Kommandeur eines Panzerbataillons, Politikwissenschaftler und vor allem langjähriger Leiter des Instituts für Friedenssicherung und Konfliktmanagement des österreichischen Bundesheeres.

Kampfpanzer sind Kernelemente für Gebietsgewinne


Feichtinger zusammengefasst: Kampfpanzer wie die jetzt zusätzlich zugesagten deutschen Leopard sind ein Kernelement, um Gelände zurückzugewinnen.
Mit Langstreckenraketen, wie sie die Briten liefern, kann die Ukraine weit in die Tiefe des Gefechtsfeldes wirken. So können sie russische Versorgungseinrichtungen, Kommandozentrale und Kräftekonzentrationen beschießen. "Das heißt es ist die Reichweite eine enorme Verbesserung für die taktischen Möglichkeiten der ukrainischen Streitkräfte."

Lieferung von Kampfjets für Ukraine braucht Zeit


Die Lieferung westlicher Kampfjets allerdings wäre "von der Situation der Waffensysteme (…) natürlich der nächste logische Schritt."
Sollten die westlichen Kampfjets kommen, könnten sie jedoch nicht so schnell eingesetzt werden.
Sie hätten eine ganz andere Technik als die MiG und Piloten müssten dafür erst ausgebildet werden.
Sowohl in Europa als auch in den USA ist die Skepsis noch groß. Würde man sich heute dafür entscheiden, dann wären – optimistisch geschätzt – frühstens im Herbst die ersten einsatzbereit sein. Es würde also mindestens sechs Monate dauern. Auch Wartungssysteme und die Feuerleitung in der Luft müssten erst abgestimmt werden.
Trotzdem hat die Ukraine bisher bewiesen, dass sie neue Systeme schnell integrieren kann. "Bei den Panzern oder den Luftabwehrsystemen sind auch Monate vergangen bis sie tatsächlich vor Ort und auch einsatzbereit waren. Bei Jets ist mindestens mit diesem Zeitansatz zu rechnen."
Die Jets könnten vor allem dazu genutzt werden, um den Feind in der Luft aufzuspüren. Man würde sie vermutlich weniger einsetzen, um den Feind auf dem Boden zu bekämpfen.


Zur Lage in Bachmut:
"Das ist ein unglaublich unerbittlicher Kampf Meter um Meter auf dem Boden, der eigentlich schon total verwüstet ist und von Granaten beschossen wurde und eigentlich nur noch ein Ruinenfeld darstellt." Nördlich und südlich habe die Ukraine schon einige Quadratkilometer zurückerobert.
"Die Flanken von Bachmut sind äußerst entscheidend für die weitere Kampfführung."
Russische Truppen hätten sich laut Wagner-Truppen zurückgezogen. Feichtinger warnt aber vor zu viel Optimismus. Der Kampf rund um Bachmut dauere schließlich schon Monate an. "Allerdings: Wir haben schon ein andere Situation. Es könnte so ein kleiner, lokaler Dominoeffekt einsetzen, wenn die ersten russischen Truppen sich überhastet zurückziehen, dass das auf die anderen überspringt und dann ein Chaos im Gefecht entsteht."
Das Versäumnis auf russischer Seite besteht darin, dass sie reguläre Streitkräfte und die Söldner-Truppen dort einsetzen. "Einheit der Führung – gerade in so einem umkämpften Raum – ist ein oberstes Prinzip der militärischen Führung. Und was wir hier erleben ist genau das Gegenteil." Wenn die Ukraine vorstößt, werde sie trotzdem auf eine enorme Gegenabwehr stoßen. Denn die Russen haben sich darauf vorbereitet. Die Ukraine muss also jetzt Schwachstellen der Russen erkennen.




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