Nach Cahuzac-Affäre Frankreichs Politiker legen ihr Vermögen offen

Das politische Frankreich fürchtet um seine Reputation. Nach der Schwarzgeld-Affäre will Präsident Hollande Vertrauen zurückgewinnen - nicht nur für sich. Das Ziel lautet: vollkommene Transparenz.

Dem Abgeordneten Laurent Wauquiez gehört die Hälfte seiner 90 Quadratmeter großen Wohnung im 15. Arrondissement von Paris. Außerdem 50 Prozent eines Hauses in Puy-en-Velay südwestlich von Lyon. Für beides zusammen hat das Ehepaar Wauquiez noch gut eine halbe Millionen Euro abzustottern. Aktuell sind 2500 Euro auf dem Konto. Und es gibt zwei Autos: einen alten und einen neuen Peugeot.

In Frankreich haben Politiker unter dem Motto "Moralisierung der Politik" damit begonnen, ihre Besitz- und Einkommensverhältnisse zu offenbaren. Wie Laurent Wauquiez von der oppositionellen UMP per Zeitung gewähren Politiker nun öffentlich Einblick in ihr Portemonnaie. Sie reagieren damit sehr persönlich auf den nachhaltigen Vertrauensverlust, den die französische Politik nach der Affäre um die Schwarzgeldkonten des geschassten Ministers Jérôme Cahuzac erlitten hat.

Wauquiezs sozialistischer Parlamentsnachbar Patrick Mennucci gibt auf seinem Blog unter "Veröffentlichung meines Vermögens" den Wert von Fischerhaus, Bankkonto, Auto an. Auch eine Ministerin ist schon dabei: Marie-Arlette Carlotti, im Sozialressort für Behindertenpolitik verantwortlich, erlaubt auf ihrer persönlichen Website den Blick auf ihre Wertpapiere oder Lebensversicherung.

Auch vor Schmuck und Kunst macht die Liste nicht halt

Die Reihe wird sich schon sehr rasch mit anderen Kabinettskollegen füllen. Premierminister Jean-Marc Ayrault fordert von seinen Ministern "vollkommene Transparenz". Zudem will Präsident François Hollande Steuersünder in der Politik härter bestrafen. Die Vorlage dafür soll an diesem Mittwoch im Kabinett beraten werden.

Informationen über Konten und Vermögen sollen von der kommenden Woche an im Internet stehen. Die Daten liegen der Regierung bereits vor. Minister müssen einer Transparenz-Kommission erläutern, wieviel Geld auf Konten liegt, in Wertpapieren angelegt oder einfach bar vorhanden ist und welche Immobilien zum Besitz gehören. Selbst vor Schmuck und Kunst macht die Liste nicht halt.

Das Bild vom raffgierigen Politiker hat - zuletzt befördert von der Debatte um die Vortragshonorare des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück - auch in Deutschland zu Neuregelungen geführt. Abgeordnete müssen hierzulande dem Bundestagspräsidenten bezahlte Tätigkeiten melden. Bislang gab es drei Stufen, die dritte erfasste alles, was über 7000 Euro monatlich lag. Nach der Reform sind Nebeneinkünfte nun differenzierter in zehn Stufen anzugeben, die bis zu Nebenverdiensten von mehr als 250 000 Euro reichen. Ungeklärt bleibt die Frage bei Geheimnisträgern wie etwa Rechtsanwälten. Sie müssen ihre Mandate - und damit mögliche Einflüsse - nicht offenlegen.

UMP-Chef zweifelt an Transparenz

Die Opposition in Frankreich sieht die Pläne der sozialistischen Regierung skeptisch. UMP-Chef Jean-Francois Copé warnt vor einer Kombination aus "Voyeurismus und Scheinheiligkeit". Hollande wolle mit einer Nebelwand vom Skandal um seinen Ex-Minister ablenken. Zudem könne das Parlament die Nation nicht repräsentieren ohne Handwerker, Geschäftsleute, Rechtsanwälte, sagt der gelernte Rechtsanwalt Copé.

Sicherheit und lückenloses Wissen dürfte die "vollkommene Transparenz" kaum bringen. Der einst für die Jagd auf Steuersünder verantwortliche Ex-Budgetminister Cahuzac hat sein Schwarzgeldkonto stets verleugnet. Ob Wähler, Parlament, Transparenz-Kommission oder Präsident - er hat sie schlicht belogen.

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Gerd Roth, DPA