Am Mittwoch ist der nächste entscheidende Stichtag in Sachen Griechenland. Dann werden die Spitzen der Troika, bestehend aus Experten der Europäischen Union, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) erneut nach Athen reisen, um die Fortschritte des griechischen Sparprogramms zu kontrollieren. Erste Mitarbeiter sind schon da, um das Feld zu bereiten. Beim letzten Besuch reisten die Fachleute entnervt vorzeitig ab, denn es schien klar: Die Regierung des von der Pleite bedrohten Landes schafft es nicht, den Staat zu verschlanken und die Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Und wenn dem so ist, darf sie auch keine neue Milliarden erwarten. Sprich: Das Land wäre bald pleite.
Doch auf der Zielgeraden schaffen die Griechen offenbar die Wende: Mit einer neuen Sondersteuer will die Regierung in Athen für die dringend benötigte Einnahmen sorgen - und so die Milliarden-Tranche aus dem Rettungspaket erhalten. Das berichtet das gewöhnlich gut unterrichtete "Wall Street Journal". erhalten und beruft sich dabei auf zwei Mitarbeiter des IWF. Es handelt sich laut der US-Zeitung um eine Vermögenssteuer, die in zwei Jahren rund zwei Milliarden Euro einbringen und anderweitige Verlust in gleicher Größenordnung ausgleichen soll.
An den Aktienmärkten sorgte die Nachricht für besser Stimmung: So grenzte der Dax am Nachmittag seine herben Verluste zwischenzeitlich wieder ein. Zunehmende Sorgen um die Stabilität der Eurozone hatten den wichtigsten deutschen Aktienindex zuvor erstmals seit dem 17. Juli 2009 wieder unter die 5000-Punkte-Marke gedrückt.
Kakophonie in der FDP
Die Verluste zuvor waren auch auf Kakophonie innerhalb der Bundesregierung zurückzuführen. Denn während die IWF-Mitarbeiter im "Wall Street Journal" Spekulationen über eine bevorstehende Pleite Griechenlands oder einen Austritt aus der Eurozone eine Absage erteilten, hatte sich der deutsche link;http://www.stern.de/politik/ausland/drohende-staatspleite-in-griechenland-roesler-spricht-von-geordneter-insolvenz-1726677.html;Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP)# am Wochenende ganz anders angehört. Er hatte von einer "geordneten Insolvenz" gesprochen und fing er sich am Montag direkt einen indirekten Rüffel des Parteifreundes Werner Hoyer ein. Der ist Staatsminister im Auswärtigen Amt von Guido Westerwelle und meinte am Montag: "Die Gefahr, dass es Dominoeffekte gibt, ist einfach zu groß. Behutsamkeit auch in der Wortwahl ist hier angesagt". Da es kein bewährtes Instrument für die geordnete Insolvenz eines Euro-Staates gebe, dürfe man mit dem Thema nicht herumspielen.
Die ohnehin schon verunsicherten Finanzmärkte waren nach Röslers Äußerungen am Montagmorgen erneut in die Knie gegangen. "Es mehren sich Gerüchte, dass die deutsche Bundesregierung ein Ende der Griechenland-Hilfe anstrebt", sagte der Devisenexperte Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank. Er erwartete, dass der Bericht der Troika "desaströs" ausfallen wird. Vor dem Hintergrund einer sich weiter verschärfenden Rezession in Griechenland sei auch in nächster Zukunft nicht damit zu rechnen, "dass das Land die bisherigen Sparziele auch nur annähernd erreichen kann".
Die übelsten Berfürchtungen der Börsen könnten sich nun mit der neuen Sondersteuer allerdings erledigt haben.
Alles beim Alten in Athen
In Griechenland selbst ist die Lage wie gehabt: Es wird gegen die Sparpläne der Regierung gestreikt. Die Taxiunternehmer wollen mit ihrem bis zum Mittwoch dauernden 48-stündigen Ausstand gegen Deregulierungen in ihrer Branche protestieren, während Steuer- und Zollbeamte aus Protest gegen Kürzungen ihrer Prämien streiken. Sie müssen in der Tat mächtig einstecken: Ihrer Gewerkschaft zufolge führten die Sparpläne bereits zu einer Verringerung der Gehälter um 30 Prozent seit Mai 2010 und könnten bis Jahresende einen Gehaltsrückgang von 60 Prozent bedeuten. Der Zoll und der Fiskus in Griechenland haben ihren Beamten bislang allerdings deutlich höhere Prämien gezahlt als andere Behörden.
Das Land braucht dringend Geld. Die Liquidität reicht noch bis Oktober, sagte der stellvertretende griechische Finanzminister Filippos Sachinides am Montag in einem Interview des Fernsehsenders Mega auf die Frage, wie lange noch Gehälter und Renten gezahlt werden könnten. Faktisch wäre eine Staatspleite daher schon bald Realität - wenn Griechenland nicht die ausstehende sechste Tranche von acht Milliarden Euro aus dem 110 Milliarden Euro schweren ersten Hilfspaket seiner Euro-Partner und des Internationalen Währungsfonds erhält. Und diese Tranche liegt aus Eis - bis zum Urteil der Troika. KW 37 könnte also zur Woche der Wahrheit werden für die Griechen.