NAHOST-KONFLIKT Bush fordert Arafats Ablösung

US-Präsident Bush hat sich für einen provisorischen Palästinenserstaat ausgesprochen. Allerdings kann Bush sich diesen Staat nicht unter der Führung Arafats vorstellen und hat dessen Ablösung zur Bedingung gemacht.

In offensichtlicher Ablehnung von Jassir Arafat als Repräsentant der Palästinenser hat sich US-Präsident George W. Bush am Montag in Washington für einen provisorischen Palästinenser-Staat bis in drei Jahren ausgesprochen, eine »neue und andere Führung« aber zur Bedingung dafür gemacht. UNO-Generalsekretär Kofi Annan lehnte dies ab. Arafat begrüßte Bushs Rede als »ernsthaften Beitrag« zum Friedensprozess.

Palästinenser sollen neuen »Anführer« wählen

»Zum Frieden ist eine neue und andere palästinensische Führung nötig, damit ein Palästinenser-Staat geschaffen werden kann. Ich rufe das palästinensische Volk auf, neue Anführer zu wählen, die nicht vom Terror belastet sind«, sagte Bush in einer Rede vor dem Weißen Haus in Washington. Israel forderte er auf, seine Truppen auf Positionen zurückzuziehen, die es vor Beginn des Palästinenser-Aufstandes hielt.

Gefechte zwischen Israelis und Palästinensern

Die israelische Armee rückte am Dienstag in Hebron im Westjordanland ein und lieferte sich Augenzeugen zufolge Gefechte mit bewaffneten Palästinensern. Zwei Männer seien getötet worden, sagten palästinensische Sicherheitsvertreter. Damit setzte Israel seine neue Offensive in den Palästinenser-Gebieten fort. In der vergangenen Woche waren bei palästinensischen Attentaten 31 Israelis getötet worden.

Palästinenser sollen selbst entscheiden

»Die Frage, wer das palästinensische Volk führen soll, kann nur vom palästinensischen Volk selbst beantwortet werden«, sagte der Sprecher Annans am Sitz der Vereinten Nationen (UNO) in New York. Die Palästinenser »werden in den bereits angekündigten Wahlen entscheiden, wer sie in Zukunft vertritt.«

»Erhebliche Probleme mit der palästinensischen Führung«

Bush hatte Arafat nicht beim Namen genannt. In US-Regierungskreisen hieß es aber auf die Frage, ob gemeint sei, dass die Gründung eines Staates nur ohne Arafat möglich sei:

»Wir haben deutlich gemacht, dass wir denken, dass es erhebliche Probleme mit der palästinensischen Führung gibt.« Innenpolitisch stieß der Präsident weitgehend auf Zustimmung. Republikaner wie Demokraten lobten die »klare und deutliche Stellungnahme«, die den Beginn eines »langen und schwierigen Prozesses« bedeute.

Historische Lösung

Israels Verteidigungsminister Binjamin Ben-Elieser sagte, Bush habe mit der Zwei-Staaten-Lösung eine »historische Vision« entwickelt. Der US-Präsident habe zum ersten Mal »reale Standards« in den Friedensprozess eingeführt, sagte Dore Gold, ein enger Berater des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon, dem US-Sender CNN. Bush habe grünes Licht für eine Entmachtung der Palästinenser-Führung gegeben, stellte der Jescha-Rat fest, die Vertretung der in den Palästinenser-Gebieten wohnenden jüdischen Siedler.

Arafat und seine Regierung begrüßten Bushs Vorstellungen, hieß es in einer von der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA verbreiteten Stellungnahme. Die Regierung hoffe, die Details in direkten und bilateralen Gesprächen mit der US-Regierung, Russland, Vertretern der Vereinten Nationen (UNO) und der Europäischen Union (EU) sowie arabischen Staaten zu beraten. Der palästinensische Chef-Unterhändler Saeb Erekat wies eine Abwahl Arafats zurück. Der Präsident sei direkt in freien und fairen Wahlen bestimmt worden, dies müssten die Welt und die Bush respektieren.

Bush zu »Israel-lastig«?

Arabische und westliche Experten für den Nahen Osten warnten davor, dass Bush sich mit seinem Ruf nach einer neuen Palästinenser-Führung einer zentralen Forderung Israels angeschlossen habe. »Es ist schwer vorstellbar, dass das, was er gesagt hat, die Konfliktparteien motiviert, sich hinter die US-Initiative zu stellen«, sagte Shibley Telhami vom Nahost-Institut Brookings. In der arabischen Welt seien ein konkreterer Zeitrahmen und flexiblere Pläne erwartet worden, sagte Randa Aschmawi in Kairo. »Ich vermute jedoch, dass er seine Rede nach den jüngsten Attentaten nochmals zu Gunsten Israels verändert hat.«