Der Vize-Chef des Terrornetzwerks Al-Kaida, Aiman Al-Sawahiri, hat sich erstmals mit einer Botschaft an den künftigen US-Präsidenten Barack Obama gewandt. In der im Internet verbreiteten Tonbandaufnahme, die am Mittwoch von dem auf die Beobachtung islamistischer Webseiten spezialisierten IntelCenter veröffentlicht wurde, warnte er Obama davor, weitere Truppen nach Afghanistan zu entsenden. Al-Sawahiri hetzte auch gegen den künftigen US-Präsidenten persönlich. So bezeichnete er Obama ebenso wie US-Außenministerin Condoleezza Rice und deren Vorgänger Colin Powell indirekt als "Hausneger" im Dienste der Weißen.
Obamas Vorhaben, US-Soldaten aus dem Irak nach Afghanistan zu verlegen, sei "zum Scheitern verurteilt", sagte Sawahiri. Mit der Wahl Obamas hätten die Amerikaner zwar eingestanden, dass die Politik seines Vorgängers George W. Bush im Irak gescheitert sei. Aber das Land habe sich nicht geändert: "Amerika, der Verbrecher und Kreuzzügler, bleibt, wie es immer war. Deshalb müssen wir weitermachen, ihm zu schaden, damit es zur Vernunft kommt." Al-Sawahiri rief seine Glaubensgenossen in aller Welt, insbesondere die Muslime im Irak, in Afghanistan und in Somalia zur Fortsetzung des "Heiligen Kriegs" auf.
Obama hatte am Sonntag sein Vorhaben bekräftigt, US-Truppen aus dem Irak nach Afghanistan zu verlegen. Im Irak sind derzeit rund 150.000 US-Soldaten stationiert, in Afghanistan, wo sich in den vergangenen Monaten die Kämpfe mit islamistischen Gruppen verschärft hatten, etwa 32.000 US-Soldaten.
Obama, Rice und Powell seien das Gegenteil "des ehrenwerten schwarzen Amerikaners", wie ihn der schwarze Bürgerrechtler Malcolm X verkörpert habe. Obwohl Obama als Sohn eines muslimischen Vaters geboren worden sei, habe er sich entschieden, "in den Reihen der Feinde der Muslime zu stehen und das Gebet der Juden zu sprechen", sagte Sawahiri, der Obama auch direkt anredete. Die Äußerungen wurden begleitet von Fotos von Sawahiri, Malcolm X und Obama, wie er an der Jerusalemer Klagemauer ein Gebet spricht.
"Verabscheuungswürdig und erbärmlich"
Das Weiße Haus nannte die Äußerungen "verabscheuungswürdig und erbärmlich". Die Sprecherin Dana Perino sagte: "Diese Äußerungen erinnern jeden daran, mit welcher Art Leute wir es zu tun haben." Die USA haben ein Kopfgeld von 25 Millionen Dollar auf Al-Sawahiri ausgesetzt. Der ägyptische Terrorist bewegt sich vermutlich frei im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan. Die pakistanische Regierung hatte Anfang September eingeräumt, dass der 57-Jährige den Sicherheitskräften kurz zuvor entkommen sei.
Auch das US-Außenministerium kommentierte Sawahiris Äußerungen mit "erbärmlich". "Wenn es für irgendjemand nötig war, einen Unterschied zwischen den demokratischen Werten des Westens und der USA und denen eines Terroristen zu erkennen, muss er jetzt nicht weiter suchen", sagte Außenamtssprecher Sean McCormack. Nach Angaben eines US-Antiterror-Spezialisten enthält die Botschaft kaum Neues. "Sie zeigt, wie sehr Al-Kaida vom Rest der Welt abgeschnitten ist. Aber wir täuschen uns nicht, es ist immer noch eine Gruppe, die schweren Schaden anrichten kann." Eine Sprecherin Obamas erklärte, der frühere Senator aus Illinois habe nicht vor, zu den Äußerungen Stellung zu beziehen.