Wenn auch die Gerichte das Ergebnis der Präsidentschaftswahl bestätigt haben, ist die Zeit für Donald Trump im Weißen Haus abgelaufen. Was dann folgt, wird für ihn "ein Kampf an allen Fronten" werden, wie stern-Autor Andreas Albes über die Zukunft des (Noch-)US-Präsidenten schreibt. Denn ihm und seiner Firma stehen zahlreiche Klagen und Untersuchungen bevor. Es geht um die gigantischen Schulden und Verluste seiner Firma, Vorwürfe von Betrug und Steuerhinterziehung sowie mögliche Prozesse wegen sexueller Übergriffe und Erbstreitigkeiten. Kurzum: Die Aussicht, dass Donald Trump seinen Ruhestand entspannt auf Golfplätzen in Florida verbringen wird, ist eher gering.
Doch bis zum 20. Januar bleibt er der Präsident der Vereinigten Staaten und als solcher ist er sowohl weitgehend immun gegenüber juristischer Nachstellerei als auch dazu befähigt, alles und jeden zu begnadigen – sogar sich selbst. Zumindest hatte Trump zweimal genau damit auf Twitter angegeben. Die konservative Washingtoner Zeitung "The Hill" hat sich nun mit der Frage beschäftigt, ob das tatsächlich stimmt (vermutlich) und welche Folgen das für ihn haben könnte (ungewiss).
Jeder US-Präsident begnadigte Dutzende
Laut des Autoren Jeffrey Crouch hat jeder US-Präsident das Recht, Begnadigungen nach eigenem Ermessen auszusprechen. Wovon oft und gerne Gebrauch gemacht wird – vor allem, wenn die Amtszeit endet. Bill Clinton hatte zum Beispiel seinen Bruder Roger begnadigt, die beiden Bush-Präsidenten George H.W. und George W. politische Vertraute, aber meistens nutzen Staatsoberhäupter ihr Recht dazu, Verurteilten ungewöhnlich hohe oder übermäßig harte Strafen zu ersparen. Donald Trump hat bislang seinem alten Weggefährten Roger Stone die Haftzeit erlassen. Der war unter anderem im Zuge von Trumps Russland-Affäre zu 40 Monaten Gefängnis verurteilt worden.
Darüber aber, ob sich ein US-Präsident auch selbst begnadigen kann, steht in der US-Verfassung nichts. Was im Grunde heißt, dass es weder explizit erlaubt noch explizit verboten ist. Viele amerikanische Staatsrechtler legen solche Leerstellen aber meist als Erlaubnis aus, wenngleich "es bislang kein Beispiel dafür gibt, dass ein US-Präsident jemals den Versuch unternommen hat, sich selbst zu begnadigen", wie Jeffrey Crouch schreibt, Fachmann für die Begnadigungspraxis in den USA. Er weist aber in diesem Zusammenhang auf ein Urteil des Obersten Gerichts hin, nachdem eine Selbstbegnadigung einem Schuldeingeständnis gleichkomme – was für einen US-Präsidenten unerwünschte Folgen haben kann.
Selbstbegnadigung ist Schuldeingeständnis
Denn Verfehlungen zuzugeben, würde dem Kongress das ultimative Argument für ein Amtsenthebungsverfahren in die Hand geben – und so auch den Abgeordneten die ein Interesse an einem solchen Impeachment hätten. Dieses Szenario gilt jedoch als unwahrscheinlich, nach dem der letzte Versuch vor zehn Monaten gescheitert ist. Und erst Recht, wenn Trump im Januar aus dem Amt scheiden sollte. Dennoch wird sich Trump nicht allein die Möglichkeit dieser Blöße geben wollen.
Daneben gäbe es für Donald Trump noch andere Möglichkeiten, sich der juristischen Verfolgung zu entziehen. So könnte er vor Ende seiner Amtszeit zurücktreten und Vize Mike Pence die Position übernehmen lassen. Der wiederum begnadigt dann den Vorgänger und beide verlassen nächstes Jahr das Weiße Haus.
Eine Selbstbegnadigung zu erteilen, bevor überhaupt entsprechende Urteile gefallen sind, wäre übrigens nur ein Federstrich: So könne Trump für jeden x-beliebigen Straftäter ein Gnadenschrieb entwerfen, vordatieren und unterschreiben – auch für sich selbst.
Quellen: CNN, DPA, "The Hill", Donald Trump auf Twitter