ÖSTERREICH Folgt dem Rückzug ein neuer Angriff?

Jörg Haider hat nach seinem Rückzug aus der österreichischen Bundespolitik Rückendeckung aus der eigenen Partei erhalten. Gibt er sein Comeback?

Der Kärntener Landeshauptmann (Ministerpräsident) Jörg Haider hat nach seinem überraschenden Rückzug aus der österreichischen Bundespolitik breite Rückendeckung aus den Reihen seiner mitregierenden Freiheitlichen (FPÖ) erhalten. Wichtige FPÖ-Funktionäre verlangten am Samstag übereinstimmend, Haider müsse weiter in der Parteispitze bleiben und die Politik der Bundesregierung aus FPÖ und der Volkspartei (ÖVP) mitbestimmen. Die FPÖ-Vorsitzende und Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer brach ihre USA-Reise ab und drohte den Haider-Kritikern mit ihrer Ablösung.

Krise »herbei geredet«

»Haider ist ein unverzichtbarer Bestandteil der FPÖ«, sagte Riess- Passer der Zeitung »Kurier« »Ich komme zurück und werde Ordnung schaffen«, erklärte sie mit Blick auf eine für Sonntag einberufene Krisensitzung der Parteispitze. Peter Westenthaler, der als FPÖ-Fraktionsvorsitzender mit seiner Haider-Kritik den Machtkampf ausgelöst hatte, habe sich »menschlich verachtenswert« verhalten. Er habe eine Parteikrise in den Medien »herbei geredet« und die Probleme lieber mit dem ÖVP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel als parteiintern besprochen.

Umstrittener Irak-Besuch

Haider hatte mit seinem Besuch beim irakischen Staatschef Saddam Hussein in dieser Woche Empörung und Kritik auch in der eigenen Partei hervorgerufen. Westenthaler sagte, Haider sei bei seiner Irak-Reise schlecht beraten worden. Die Mitarbeiter des Kärntner Landeshauptmanns hätten darauf achten müssen, »dass Haider nicht vom irakischen Regime missbraucht wird«, sagte Westenthaler.

»Man kann auf ihn nicht verzichten«

Die FPÖ-Parteichefs fast aller Landesverbände haben Haider aufgefordert, seinen Abschied aus der Bundespolitik rückgängig zu machen. »Man kann auf ihn nicht verzichten«, sagte der Wiener FPÖ-Vorsitzende Hilmar Kabas. »Eine FPÖ ohne Jörg Haider kann ich mir nicht vorstellen«, erklärte der Salzburger Parteichef Karl Schnell. Der FPÖ-Generalsekretär Peter Sichrovsky forderte Westenthaler zum Rücktritt auf, da Haider für die Partei unentbehrlich sei. »Es gibt wenige geniale Menschen in der Politik«, begründete er seine Position.

»Die ÖVP muss beunruhigt sein«

Führende österreichische Meinungsforscher bezweifelten, ob der von Haider am Vorabend bekannt gegebene Rückzug aus der Bundespolitik von Dauer sein wird. Haider brauche die Politik wie »ein Biotop«. Auf der anderen Seite benötige die FPÖ Haider bei schwindender Wählerschaft als »Wahlkampflokomotive«. »Die ÖVP muss beunruhigt sein«, deuteten heimische Journalisten auch mögliche Konsequenzen für die österreichische Bundesregierung an. Vorstellbar sei, dass einige FPÖ-Abgeordnete in Solidarität mit Haider ihre Fraktion verließen, spekulierte das öffentlich-rechtliche Radio (ORF). Damit hätte die Koalitionsregierung ihre Mehrheit im Parlament verloren. Der Wiener »Kurier« meinte dazu am Samstag: »Neuwahlen sind seit gestern wahrscheinlicher geworden.«

Neue Haider-Partei

Haider plant unterdessen nach neusten Zeitungsberichten die Abspaltung seiner Anhänger von der eigenen Partei. Die Kärntener Abgeordneten im Nationalrat (Parlament) wollen danach eine eigene Fraktion bilden und sich nach dem Vorbild der CSU mit der FPÖ zusammen schließen. Damit könnte die österreichische Regierung aus FPÖ und der Volkspartei von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ihre Mehrheit in der Volksvertretung verlieren.