Pannen bei der US-Wahl Eine Weltmacht, die nicht wählen kann

Fehlerhafte Wahlautomaten, Stimmabgabe per Mail und Beschwerden internationaler Beobachter: Die Speerspitze der Demokratie hat sich ein paar schlimme Wahl-Pannen geleistet.

Die Demokratie in die Welt tragen - das haben sich die Vereinigten Staaten von Amerika auf die Fahnen geschrieben. Für eine Weltmacht mit diesem Anspruch sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, die Wahlen im eigenen Land ordentlich über die Bühne zu bringen. Leider haben die USA mit unschöner Regelmäßigkeit Probleme, diese elementare Pflichtübung des demokratischen Prozesses zu absolvieren. Unvergessen ist die Wahl 2000, in der der Urnengang in Florida so chaotisch verlief, dass letztlich der Oberste Gerichtshof dem Nachzählen und Interpretieren von Stimmzetteln ein Ende setzte und George W. Bush zum Sieger erklärte. Offenbar wurden daraud keine Lehren gezogen: Auch in der vergangenen Wahlnacht kam es wieder zu skurrilen bis erschreckenden Pannen.

So kann man nur froh sein, dass New Jersey nicht zu den wahlentscheidenden Staaten zählt. Hier machten die Zerstörungen des Hurrikans "Sandy" einen normalen Urnengang unmöglich, weshalb die Behörden improvisierten. Sie erlaubten allen Wählern, die "Sandy" heimgesucht hatte, auch per E-Mail oder Fax abzustimmen. Diese gut gemeinte Idee brachte ein paar praktische Probleme mit sich. Zum einen sind E-Mails nicht fälschungssicher: "Aus Sicherheitsgesichtspunkten ist es so ziemlich die schlechteste Art der Stimmabgabe", zitiert die Nachrichtenagentur Bloomberg den Sicherheitsexperten David Jefferson. Daher mussten die Wähler zusätzlich ihren Stimmzettel ausdrucken und per Post einschicken, so wie es auch Soldaten und anderen im Ausland lebenden Bürgern gestattet ist.

Stimmabgabe an private Mailadresse

Zum anderen waren die Server alsbald überlastet, sodass viele Wähler ihre Stimmzettelmail mit Fehlermeldung zurückbekamen. Dies wiederum brachte zumindest einen Wahlleiter im Bezirk Essex County auf eine fragwürdige Idee. Wie "Wired.com" berichtet, forderte er die Wähler auf, die Mails einfach an seine private Mailadresse zu schicken, einen Account beim Microsoft-Anbieter Hotmail. Es dauerte nicht lange, bis ein Sicherheitsexperte namens Ashkan Soltani darauf hinwies, es sei für ihn ein leichtes gewesen, an die Wählermails zu kommen: Er hatte einfach die Passwort-Sicherheitsfrage des Wahlleiters "Wie ist der Mädchenname Ihrer Mutter?" richtig beantwortet und den Account übernommen.

Auch in anderen Staaten kam es zu Pannen. So wurden etwa in Pennsylvania Wähler abgewiesen, weil sie keinen Lichtbildausweis dabei hatten. Ein Gericht hatte diese Praxis allerdings zuvor gekippt - was aber offenbar nicht alle Wahlhelfer mitbekommen hatten. Für Aufsehen sorgte dort auch ein Wahlcomputer, der Obama-Stimmen automatisch in Romney-Stimmen umwandelte. Ein Wähler dokumentierte per Video, wie er mehrfach mit dem Finger auf das Feld für Obama drückt, das Kreuzchen aber bei Romney erscheint.

Ebenfalls ein Glück, dass das Ergebnis aus Florida in diesem Jahr nicht wahlentscheidend ist. Wie der "Miami Herald" berichtet, mussten einige Wähler mehr als sechs Stunden anstehen. Dutzende Wahllokale seien noch vier Stunden nach der offiziellen Schließzeit geöffnet gewesen, um den Ansturm abzuarbeiten. Einige Ergebnisse kämen daher nicht vor Mittwoch. Ironischerweise hatten Tausende Wähler am Dienstagmorgen einen automatischen Anruf von der Wahlleitung bekommen, sie hätten noch "bis morgen" Zeit zu wählen, wie die "Tampa Bay Times" berichtet. Der Computeranruf sollte eigentlich am Montag rausgehen, dann wäre die Zeitangabe auch korrekt gewesen.

Wahlbeobachter kritisieren die Zustände

Der Ablauf der Wahl rief auch die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) auf den Plan. "Es ist erstaunlich, wie in den Wahllokalen gearbeitet wird. Allein die Frage der Registrierung der Wähler ist oftmals nicht so nachvollziehbar, wie es in Deutschland oder anderen Ländern der Fall ist", sagte der deutsche OSZE-Wahlbeobachter Jürgen Klimke welt.de.

Klimke war zuletzt in der Ukraine im Einsatz, nun machte er sich in den US-Staaten Virginia, Maryland und Washington D.C. ein Bild von der Wahllage. In einigen Wahllokalen hätten Bilder von Obama gehangen, eine "indirekte Wahlbeeinflussung", in anderen hätten die Menschen länger als eine Stunde in der Warteschlange gestanden. Zudem konnte sich Klimke nicht so frei umschauen wie er wollte. Während er in anderen Ländern 15 Wahllokale an einem Tag schaffe, habe er in den USA nur fünf angucken können. Und die seien ihm sogar vorgegeben worden. "Eine breite Überprüfung war damit gar nicht möglich."