"Referendum für die Demokratie" Prognose: Liberale Opposition bei Parlamentswahl in Slowenien klar vorn

Die liberale Partei von Robert Golob liegt bei den Parlamentswahlen vorne
Robert Golob, Chef der liberalen Oppositionspartei in Slowenien
© Jure Makovec / AFP
Die Wahl in Slowenien wird von der Stichwahl in Frankreich überschattet. Doch auch sie hat eine europäische Dimension. Sie entscheidet darüber, ob ein Verbündeter des Ungarn Viktor Orban an der Macht bleibt.

Bei der Parlamentswahl in Slowenien liegt die oppositionelle Freiheitsbewegung (GS) des liberal ausgerichteten Polit-Neulings Robert Golob laut einer Prognose deutlich vorn. In der am Sonntagabend vom Fernsehsender Pop TV veröffentlichten Prognose, die auf der Befragung von Wählern bei Verlassen der Wahllokale basiert, kommt die GS auf 35,8 Prozent. Die Partei SDS des rechtspopulistischen Regierungschefs Janez Jansa liegt darin nur bei 22,5 Prozent.

In dem südosteuropäischen Land war ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der Partei des Regierungschefs und der Freiheitsbewegung erwartet worden. Knapp 1,7 Millionen Slowenen waren am Sonntag aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Der Ausgang der Abstimmung entscheidet darüber, ob der seit zwei Jahren regierende Ministerpräsident Janez Jansa an der Macht bleibt. Bis 11.00 Uhr gaben 21 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, wie die Staatliche Wahlkommission mitteilte. Das sind um vier Prozentpunkte mehr als bei der vorherigen Wahl im Jahr 2018.

Jansa hatte im Wahlkampf Stabilität versprochen und mit Slogans wie "Keine Experimente" Stimmung gemacht. Doch der Regierungschef ist sowohl innenpolitisch als auch in der EU umstritten. Die Opposition wirft Jansa vor, die demokratischen Institutionen seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren ausgehöhlt und die Pressefreiheit eingeschränkt zu haben.

"Referendum für die Demokratie"

Seit Jansas Amtsantritt gab es immer wieder große Demonstrationen, die sich gegen autoritäre Tendenzen in Slowenien richteten. In der EU wird Jansas enges Verhältnis zu Ungarns rechtspopulistischem Ministerpräsidenten Viktor Orban äußerst kritisch gesehen. Oppositionsführer Golob hatte die Wahl im Vorfeld als "Referendum über die Demokratie in Slowenien" bezeichnet.

Jansa gab am Sonntagmorgen in seiner Wohnsitzgemeinde Sentilj bei Velenje seine Stimme ab. "Diese Wahl entscheidet nicht nur über die nächsten vier, sondern über die nächsten zehn Jahre", sagte er vor Journalisten. Golob (55) musste per Briefwahl votieren, weil er sich mit dem Coronavirus angesteckt hatte. Am Sonntag befand er sich noch in häuslicher Isolation in seinem Heimatort Nova Gorica im Westen Sloweniens. Er habe er nur leichte Symptome und sehe der Genesung entgegen, betonte Golob.

Der studierte Elektroingenieur war bis vor kurzem Generaldirektor des staatlichen Stromhandelsunternehmens Gen-I, das er seit 2006 gelenkt hatte. Jansa veranlasste Ende vergangenen Jahres, dass sein Vertrag nicht mehr verlängert wurde. Daraufhin übernahm Golob eine kleine Grünpartei und formte sie zur Freiheitsbewegung um, mit der er nun Jansa herausforderte.

Verbündeter von Viktor Orban

Der 63-jährige Jansa war bereits von 2004 bis 2008 und von 2012 bis 2013 Ministerpräsident. Kritiker werfen ihm Korruption und autoritäres Regieren vor. Der Verteidigungsminister im kurzen slowenischen Unabhängigkeitskrieg des Sommers 1991 versuchte zuletzt, Medien und Justiz unter seine Kontrolle zu bringen. Im Wahlkampf nutzte er die Ressourcen der Regierung für seine SDS-Partei. Politische Gegner und Journalisten pflegt er über den Kurznachrichtendienst Twitter oft unflätig anzugreifen.

Jansa ist ein enger Verbündeter des rechtsnationalen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Ungarische Geschäftsleute, die von Orban abhängen, finanzieren seit Jahren Fernsehstationen, Zeitungen und Internet-Portale der SDS-Partei. Unter Jansa näherte sich das EU-Land Slowenien der "illiberalen" Achse an, die die EU-skeptischen Regierungen in Budapest und Warschau bilden.

An sein letztes Regierungsamt kam Jansa Anfang 2020 durch den Zerfall der 2018 gebildeten Mitte-Links-Koalition. Abgeordnete zweier Kleinparteien, die Teil dieser Koalition waren, waren zu Jansa übergelaufen. Auf diese Weise erlangte dessen Rechts-Koalition im 90-sitzigen Parlament eine hauchdünne Mehrheit. 

AFP
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