Nancy Pelosi ist 79 Jahre alt und sitzt seit 33 Jahren im US-Abgeordnetenhaus. Man kann davon ausgehen, dass sie schon alles kennt, was die US-Politik zu bieten hat - im Guten wie im Schlechten. Als sie vor rund einem Jahr (wieder) zur Sprecherin des Parlaments gewählt wurde – also zur Oppositionschefin, da durchfuhr es selbst den regierenden Republikanern: Wenn es jemand mit Donald Trump aufnehmen kann, dann sie; die große, alte Dame der Demokraten.
Doch nun demonstriert ausgerechnet sie mit nur einer Handbewegung die völlige Hilflosigkeit ihrer Partei gegenüber dem Gegner im Weißen Haus.
Pelosi hat kindisch überreagiert
Es waren zwei Szenen bei der traditionellen Präsidentenansprache "State of the Union", die lange in Erinnerung bleiben werden: Erst ignoriert Donald Trump Pelosis zur Begrüßung ausgestreckte Hand, dann zerreißt sie nach Ende seines Vortrags hinter seinem Rücken aber vor laufenden Kameras sein Redemanuskript. Die Botschaft wirkt in ihrer überkandidelten Dramatik kindisch. Deutlicher konnte sie ihre Ohnmacht gegenüber einem Präsidenten, dem offenbar niemand etwas anhaben kann, nicht zeigen.
Die Wahl des egomanischen Polit-Neulings war für sie und die Demokraten eine Beleidigung und entsprechend angestachelt begannen sie bereits vor Amtsantritt damit, sich am Staatsoberhaupt abzuarbeiten. Die meiste Arbeit wurde ihnen dabei von Donald Trump selbst abgenommen. Doch weder der Schuldspruch von US-Sonderermittler Bob Mueller konnte ihn "erledigen", noch ein Amtsenthebungsverfahren – es zerschellte am Tag nach der "State of the Union" an der Front Trump-höriger Republikaner.
Nur sind es nicht allein die zu einer Partei aus willfährigen Gläubigen mutierten Republikaner, die es dem US-Präsidenten leicht machen, es sind die Demokraten selbst. Zu Beginn wirkten ihre Angriffe auf Trump vielleicht noch wie eine zugespitzte politische Auseinandersetzung, aufgewiegelt durch die schmerzhafte Wahlniederlange. Doch nach drei Jahren erinnert ihr Kampf gegen den Mann im Weißen Haus immer häufiger an die von Trump ständig heraufbeschworene "Hexenjagd".
Hieb- und stichfeste Indizien gegen Donald Trump
Natürlich gibt es keine "Hexenjagd". Sowohl die Russland-Ermittlungen als auch das Amtsenthebungsverfahren fußten auf soliden Indizien und Beweisen. Auch zahllose andere Vorkommnisse (wie ein offizielles Putin-Treffen ohne Protokoll oder die undurchsichtige Vermischung seiner Privatfirmen mit Amtsgeschäften) schreien nach lautstarker Gegenrede. Doch was macht Nancy Pelosi? Wird persönlich: Im Februar 2017 etwa forderte sie die medizinische Untersuchung von Trumps geistiger Gesundheit.
Die Diskussion über seine mentale Fitness ist genauso im Nichts versandet wie die Forderung, der Präsident möge doch bitte seine Steuererklärung veröffentlichen. Je mehr die Demokraten versuchen, den verhassten Chef des Weißen Hauses moralisch oder rechtlich oder persönlich zu fassen zu kriegen, desto öliger windet der sich mit Verweis auf einen obskuren Opferstatus heraus. Langsam aber sicher verfängt seine Dauerklage über die "schlimmste Präsidenten-Schikane aller Zeiten" durch die Demokraten.
Wie man Republikaner schlägt
Natürlich ist auch das völliger Blödsinn, doch die Demokraten befeuern das Zerrbild durch immer schrilleren Alarmismus und reinen Anti-Trumpismus. Unfreiwillig, aber konsequent übernehmen sie das Image, das ihnen von den Republikanern aufgezwungen wird: nämlich nichts anderes mehr im Schilde zu führen, als "die Wahl rückgängig zu machen". So ein Ruf ist hartnäckiger als Kaugummi unterm Turnschuh. Und er dürfte es schwerer machen, die Wähler von ihrer Politik zu überzeugen. Die gibt es nämlich auch noch. Mit ihr waren sie 2018 sehr erfolgreich, bei den Zwischenwahlen schlugen sie die Republikaner damals um Längen.