In Bagdad mehren sich die Zeichen für einen Zusammenbruch des Regimes von Saddam Hussein. Vier Tage nach dem ersten Vorstoß von US-Truppen in die irakische Hauptstadt zogen in mehreren Stadtteilen Gruppen von Bewohnern durch die Straßen. Sie drangen in Kasernen, Behördengebäude und Forschungsinstitute ein und plünderten die Einrichtung.
"Das ist die Freiheit!"
In der Palästina-Straße im Stadtzentrum wurden am Mittwoch Lagerhäuser des Handelsministeriums ausgeraubt. Auf einer anderen Straße zog ein Mann mittleren Alters einen Schuh aus und schlug damit auf ein Plakat mit dem Bild von Saddam Hussein ein. „Das ist die Freiheit„, sagte er. „Das ist der Verbrecher, der Ungläubige! Er hat Millionen von uns umgebracht.„ In den Straßen war keine Präsenz von irakischen Polizisten oder Soldaten zu erkennen.
An anderen Plätzen riefen Einwohner, sie unterstützten die USA. Ein Teil der Einwohner bewaffnete sich. Jugendliche von 15 oder 16 Jahren zogen mit Kalaschnikow-Gewehren durch die Straßen. Vereinzelt fielen Schüsse. Autofahrer und Fußgänger liefen in Panik davon.
US-Soldaten retten UN-Fahrzeuge
US-Soldaten hätten im letzten Moment verhindert, dass Plünderer mit Fahrzeugen der UN-Waffeninspektoren davonfuhren. Die weißen und klar gekennzeichneten Fahrzeuge sind von den Inspektoren bis kurz vor Kriegsbeginn benutzt und dann zurückgelassen worden. Der Reporter berichtete, einige Plünderer seien bewaffnet. Er habe beobachtet, wie einer im Streit um ein Möbelstück einen anderen erschossen habe. Nach Einschätzung des Journalisten haben die amerikanischen Streitkräfte inzwischen rund 15 Quadratkilometer der Fünf-Millionen-Stadt unter ihrer Kontrolle. Sie stießen kaum noch auf Widerstand.
Einwohner von Bagdad attackieren Saddams Symbole
Zahlreiche Einwohner der Hauptstadt ließen ihre Wut an den Symbolen der Macht von Präsident Saddam Hussein aus. Sie zerstörten und beschädigten mehrere der überall in der Stadt aufgestellten Bilder und Statuen des Präsidenten. Vor dem «Palestine»-Hotel, in dem die meisten ausländischen Journalisten untergebracht sind, kletterten Iraker mit einer Leiter auf ein hohes Podest mit einer überlebensgroßen Saddam- Statue. Sie befestigten ein Seil an der überlebensgroßen Bronzefigur, mit dem diese herabgerissen werden könnte.
Rotes Kreuz stoppt Hilfe in Bagdad wegen "chaotischer Situation"
Wegen der chaotischen und unübersichtlichen Situation in Bagdad hat das Rote Kreuz am Mittwoch seine Hilfseinsätze in der irakischen Hauptstadt gestoppt. Die Risiken für die Mitarbeiter seien unüberschaubar, teilte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mit.
Die Hilfsorganisation vermisst seit Dienstagnachmittag einen kanadischen Mitarbeiter. Der 48-Jährige sei vermutlich schwer verletzt worden, als er während eines Hilfseinsatzes in seinem klar gekennzeichneten Einsatzfahrzeug unter Beschuss gekommen sei. Es sei dem IKRK bislang nicht möglich gewesen, bis zu der Unglücksstelle vorzudringen, nach ihm zu suchen und ihn zu bergen. Das Rote Kreuz ist eine der wenigen internationalen Hilfsorganisationen, die während des gesamten Konflikts internationales Personal in Irak eingesetzt hat.
Opfer ohne Hilfe auf den Straßen
„Opfer liegen auf den Straßen, auf einigen Brücken, und es gibt keine Möglichkeit sie zu bergen„, sagte IKRK-Sprecher Roland Huguenin-Benjamin in Bagdad dem US-Nachrichtensender CNN. Sobald jemand versuche, sich den Opfern zu nähern, werde er beschossen. Die Verzögerungen bei der Bergung habe für viele Opfer schlimme Folgen, sagte Huguenin-Benjamin weiter.