Klestil war zwölf Jahre lang das Staatsoberhaupt Österreichs und der siebente Präsident seines Landes seit 1945. Er sollte am Donnerstag sein Amt feierlich an seinen Nachfolger, den im April gewählten Sozialdemokraten Heinz Fischer, übergeben. 1992 war Klestil als Kandidat der konservativen Volkspartei (ÖVP) zum Präsidenten gewählt worden. Der Sohn eines Straßenbahnfahrers bezog seinen Arbeitsplatz in der Wiener Hofburg, der früheren kaiserlichen Residenz, in der heute die Präsidentschaftskanzlei liegt.
Klestil wurde am 4. November 1932 in einem Wiener Arbeiterbezirk geboren. Er studierte Wirtschaft und begann im Alter von 25 Jahren im Bundeskanzleramt zu arbeiten. Als Diplomat verbrachte er 18 von 35 Jahren seiner Laufbahn in den USA. Er war mehrere Jahre Österreichs Vertreter bei den Vereinten Nationen (UN) in New York und Botschafter in Washington. Als Vertreter Österreichs in den USA bekam er 1986 die Irritationen zu spüren, die die Wahl des wegen seiner Kriegsvergangenheit umstrittenen Kurt Waldheim zum Präsidenten ausgelöst hatte.
Nach seiner Rückkehr nach Wien 1987 wurde Klestil ranghöchster Beamter im Außenministerium, bis er 1992 zum Staatsoberhaupt gewählt wurde.
Im Jahr 1996 erkrankte Klestil an einer schweren Lungenentzündung, deren Folgen ihm seitdem zu schaffen machten. Er wurde 1998 als Präsident wiedergewählt.
Klestil vereidigte mit steinerner Miene FPÖ-Minister
Das Amt des österreichischen Staatsoberhaupts gilt als Repräsentationsposten mit wenig Einfluss, auch wenn die Verfassung dem Präsidenten viele Befugnisse einräumt. So kann der Präsident den Bundeskanzler auswählen und die gesamte Regierung entlassen. Allerdings ist die Absetzung der Regierung durch den Präsidenten noch nie vorgekommen.
Beim Amtsantritt der Regierung aus ÖVP und rechtspopulistischer Freiheitlicher Partei (FPÖ) im Jahr 2000 sorgte Klestil jedoch für Aufsehen. Er nahm die Vereidigung der Regierungsmitglieder mit steinerner Miene vor und gab sich kaum Mühe, seine Ablehnung für die von Kanzler Wolfgang Schüssel als Koalitionspartner erwählte FPÖ zu verbergen.
Als Nachfolger Waldheims, der als Staatsoberhaupt international isoliert war, wurde Klestil von den Österreichern geschätzt, weil es ihm gelang, das Ansehen des Landes in der Welt wiederherzustellen. Aus seinen Kindheitstagen im Wiener Bezirk Erdberg war Klestil mit dem Jazzmusiker Joe Zawinul befreundet, der wie er den Aufstieg aus einfachen Verhältnissen schaffte und in den USA Karriere machte.
Klestil als Pferdeflüsterer
Klestil hatte sich in seiner ersten Amtszeit von seiner Frau Edith getrennt und war seit 1998 in zweiter Ehe mit seiner früheren Mitarbeiterin, der Diplomatin Margot Löffler, verheiratet. Die Scheidung wegen der Beziehung zu seiner mehr als 20 Jahre jüngeren Wahlkampforganisatorin Löffler brachte dem Politiker vor allem in konservativen Kreisen Kritik ein.
Bei einem Staatsbesuch in Saudi-Arabien wurden Klestil und seine tierliebe Gattin von den Gastgebern mit mehreren edlen Rössern beschenkt, die in einem Stall in Wien ihr neues Zuhause fanden. Dort wurden sie von Klestil auch persönlich gepflegt. Ihr Mann sei ein "echter Pferdeflüsterer", verriet Margot Klestil-Löffler einer Illustrierten. Im vergangenen Jahr kamen auch noch zwei Labradorwelpen als Geschenk des russischen Präsidenten Wladimir Putin hinzu.