Herr Little, die April-Ausgabe Ihres Magazins "Majesty" ist schon seit zwei Wochen gedruckt. Die Titelzeile: "Catherine, Prinzessin von Wales, geht es gut“. Am gestrigen Freitag wurde nun öffentlich: Kate hat Krebs. Haben Sie nichts geahnt?
Nein. Über den Gesundheitszustand von Kate gab es zuletzt ja einen echten Verschwörungswahnsinn. Aber dass sie tatsächlich an Krebs erkrankt ist, war für mich und viele andere Royal-Reporter eine Überraschung.
Die Queen bezeichnete 1992 einst als annus horribilis, als Schreckensjahr, für die britische Königsfamilie. Damals kam so manche royale Ehe zu ihrem Ende und Schloss Windsor brannte. Nach den Krebsdiagnosen von König Charles und Prinzessin Kate – ist 2024 schon jetzt das neue annus horribilis?
Lassen Sie uns hoffen, dass es das nicht ist. Das Jahr ist noch kaum drei Monate alt und hat auf jeden Fall sehr beunruhigend begonnen. Es ist eine bedeutsame Zeit in der Geschichte des britischen Königshauses. Ich glaube, dafür gibt es keinen Präzedenzfall. Unglücklich auch, dass es so früh in König Charles‘ Regentschaft passiert. Er ist noch nicht einmal zwei Jahre im Amt und muss sich um all diese persönlichen Krisen kümmern. Aber natürlich treffen gesundheitliche Probleme zu einem gewissen Maß jede Familie, unabhängig von ihrem Status.
Nur stehen die Royals immerzu in der Öffentlichkeit. Kate kündigte an, sich für eine Weile mit ihrer Familie zurückzuziehen. Was bedeutet das für Prinz William, der nach der Krebsdiagnose seines Vaters eigentlich schon mehr Verantwortung übernehmen sollte?
Er war zuletzt schon nicht mehr so sichtbar wie man es von ihm erwartet. Ende Februar sagte er kurzfristig und aus "persönlichen Gründen“ eine Gedenkfeier für seinen Patenonkel Konstantin ab. Jetzt wissen wir, wieso. Diese Zeit muss unfassbar anstrengend für ihn sein. Er wird gerade zerrissen zwischen Rollenbildern: als Ehemann, Vater, Prinz und Thronfolger.

Zur Person
Joe Little zählt zu den profundesten Kennern des britischen Königshauses. Seit 1999 ist er verantwortlicher Redakteur von Majesty. Das monatlich erscheinende Hochglanzmagazin berichtet schon über vier Jahrzehnte von sämtlichen Hoch- und Tiefschlägen der Royals.
Kann er diesem Spagat überhaupt gerecht werden?
Er muss ihm gerecht werden. Welche öffentlichen Auftritte er auslässt, scheint er in Absprache mit dem König zu entscheiden. Und alle arbeiten ja immer noch hinter den Kulissen. William, Catharine, der König. Nur die öffentliche Seite ihrer Rolle – rauszugehen, Leute zu treffen, eine sehr wichtige Aufgabe –, die steht gerade hinten an. Dieser Kompromiss wird anhalten, bis die Situation sich verbessert. Niemand weiß, wann das sein wird. Und das verkompliziert die Sache natürlich.
Die Queen sagte einst, frei übersetzt: "Die Leute müssen mich sehen, um an meine Existenz zu glauben.“ Mit König Charles, Prinzessin Kate und Prinz William wird man den Kern der Royal-Familie wohl ziemlich lange nicht oft sehen. Ist die britische Monarchie damit in Gefahr? Der Großteil der Menschen fühlt mit dem Dilemma der Königsfamilie. Es geht um private Dinge, mit denen die Royals umgehen müssen. Die Monarchie ist nicht in Gefahr, aber in einer vorübergehenden Flaute, wenn man so will.
Könnte das nicht auch ein Moment der Versöhnung sein zwischen William und seinem in die USA abgewanderten Bruder Harry?
Nein, ich glaube dieser Riss zwischen Harry und William wird sich dadurch nicht auflösen. Er und seine Frau Meghan haben Kate Genesungswünsche geschickt. Das ist zumindest eine willkommene Geste.
Bei der Krebsdiagnose von König Charles flogen die beiden extra nach Großbritannien.
Angesichts der Situation kam das für Harry glaube ich nie in Frage, in die Heimat zu fliegen, um Catharine zu sehen. Das wäre ein Schritt zu weit. Damit würde sich niemand wohlfühlen, denn es gibt im Moment quasi keine Interaktion zwischen den beiden Parteien.
Gemunkelt wird auch über Kates Videobotschaft. Dort sagt sie: "William steht mir zur Seite“. Aber wieso tat er das nicht physisch, auf dieser Parkbank im Garten, wo das Video aufgezeichnet wurde?
Das haben sich einige Menschen gefragt. Höchstwahrscheinlich stand er neben der Kamera und war anwesend. Ich denke, das war eine persönliche Entscheidung, wie sie ihre eigene Angelegenheit nach außen tragen wollte. Egal, was die beiden machen, irgendjemand wird es bemängeln. Wäre William neben ihr gesessen, wäre das auch kritisiert worden. Sie können in solchen Situationen nicht gewinnen. Es wurde schwadroniert, Kate sei nach Weihnachten ins Koma gefallen. Sie war zuletzt umgeben von all diesem toxischen Wahnsinn und den lächerlichen Verschwörungstheorien über ihre Beziehung und ihre Gesundheit. Hoffentlich hört zumindest das nun auf.
Wann könnten wir die Royals zum nächsten Mal gemeinsam sehen?
Aktuell sind Osterferien. Da wäre die Familie ohnehin nicht öffentlich sichtbar, weil sie diese Zeit immer in ihrem Anwesen in Norfolk verbringt. Das Osterwochenende feiert sie dann normalerweise in Schloss Windsor, oft auch mit einem Gottesdienst am Ostersonntag. Der König ist schon dort. Es wird mit Spannung erwartet, ob wir William, Catharine und die Kinder dort erstmals wieder gemeinsam sehen werden. Aber generell wird Kate für einige Zeit aus dem Rampenlicht verschwinden.