Krieg im Nahen Osten Wieder Angriff auf Flüchtlingszeltlager – Israel rückt mit Panzern in Rafah vor

Eine israelische Soldatin sitzt auf einem Panzer
Ein israelischer Panzer nahe der Grenze zum Gazastreifen
© Tsafrir Abayov / AP / DPA
Trotz des verheerenden Luftangriffs auf Rafah, bei dem 45 Menschen ums Leben kamen, sind israelische Truppen weiter in die Stadt vorgedrungen – laut Augenzeugen auch mit Panzern. Offenbar wurde erneut ein Zeltlager für Flüchtlinge beschossen.

Bei erneuten israelischen Angriffen auf ein Zeltlager von Kriegsflüchtlingen am westlichen Stadtrand von Rafah sind nach Angaben der Gesundheitsbehörde im Gazastreifen mindestens sieben Menschen getötet worden. Dutzende Palästinenserinnen und Palästinenser seien verletzt worden. Die Angriffe hätten Zelten vertriebener Familien in einem als humanitäre Zone ausgewiesenen Gebiet in Mawasi bei Rafah gegolten, berichten Sanitäter und Anwohner.

Israelische Panzer im Stadtzentrum vom Rafah

Israelische Bodentruppen sind nach Augenzeugenberichten aus Rafah tiefer in die Stadt im Süden des Gazastreifens vorgedrungen. Demnach wurden Truppen auch im Stadtzentrum gesichtet. Die israelische Nachrichtenseite ynet berichtete unter Berufung auf Quellen in Rafah, es seien in dem Stadtviertel Tal al-Sultan israelische Panzer im Einsatz. Dort seien Bodentruppen bisher nicht gewesen. Auch die Nachrichtenagentur AFP berichtete dies unter Berufung auf Augenzeugen. Vonseiten der israelischen Armee gab es zunächst keine Bestätigung dieser Berichte. 

Die Situation sei sehr gefährlich, sagte die 30-jährige Faten Juda der Nachrichtenagentur AFP. "Wir haben die ganze Nacht nicht geschlafen. Es gab willkürliche Bombardierungen aus allen Richtungen." Ihre Familie fürchte um ihr Leben und werde wieder flüchten, fügte sie hinzu.

"Lügen und Desinformation der Hamas"?

Bei einem israelischen Luftangriff waren in Tal al-Sultan nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde am Sonntagabend mindestens 45 Menschen getötet und Dutzende verletzt worden, darunter Frauen und Minderjährige. Der tödliche Vorfall löste international Entsetzen und Empörung aus. 

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen teilte mit, es sei ein Lager für Vertriebene in einer als sicher deklarierten Zone getroffen worden. Die israelische Armee wies dies als "Lügen und Desinformation der Hamas" zurück. Der Angriff, der zwei ranghohen Hamas-Mitgliedern gegolten habe, habe nicht auf eine humanitäre Zone abgezielt. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sprach allerdings im Parlament von einem "tragischen" Vorfall, aus dem man lernen werde.

Israelische Truppen dringen tiefer in Rafah ein

Nach Informationen des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA sind binnen drei Wochen rund eine Million Menschen wieder aus Rafah geflüchtet. "Dies geschah inmitten von Bombenangriffen, Nahrungs- und Wassermangel, Müllbergen und unangemessenen Lebensbedingungen, da es keine sichere Zuflucht gab. Tag für Tag wird es schwieriger, Hilfe und Schutz zu bieten.", schrieb UNRWA auf X. Es sei fast unmöglich, zu helfen.

Der Internationale Gerichtshof hatte Israel zuletzt dazu verpflichtet, den Einsatz in Rafah unverzüglich zu beenden. Es dürften keine Lebensbedingungen geschaffen werden, "die zur vollständigen oder teilweisen Vernichtung der palästinensischen Bevölkerung in Gaza führen könnten", hieß es im Richterspruch. Das Weltgericht ordnete aber keine Waffenruhe für Gaza an. Seine Entscheidungen sind bindend. Allerdings haben die UN-Richter keine Mittel, um einen Staat zur Umsetzung zu zwingen.

DPA · AFP
yks