Israelische Soldaten sollen im Gazastreifen palästinensischen Angaben zufolge erneut viele Menschen in der Nähe eines Verteilungszentrums für humanitäre Hilfe erschossen haben.
Wie viele Opfer ist gibt, ist unklar. Die Hamas-Gesundheitsbehörde spricht davon, dass mindestens 27 Palästinenser nahe der südlichen Stadt Rafah getötet und rund 90 weitere verletzt worden seien. Zuvor war die Opferzahl mit 15 angegeben worden.
Israel räumt Schüsse auf "Verdächtige" ein
Nach Angaben der israelischen Armee haben Soldaten rund einen halben Kilometer von der Verteilungsstelle entfernt "Verdächtige" gesehen, die sich ihnen genähert und eine Bedrohung für sie dargestellt hätten. Sie seien von den vorgesehenen Wegen zum Hilfszentrum abgewichen, während sich zugleich eine große Menschenmenge auf den regulären Wegen bewegt habe. Soldaten hätten zunächst Warnschüsse abgegeben. Da die "Verdächtigen" aber nicht zurückgewichen seien, hätten sie auf einzelne von ihnen geschossen.
Der israelischen Armee seien Berichte über Opfer bekannt, hieß es weiter. Die Einzelheiten des Vorfalls würden untersucht. Die Armee hindere Zivilisten nicht daran, die Verteilungszentren zu erreichen, betonte die Armee.
Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa meldete unter Berufung auf Augenzeugen Angriffe auf die Menge, auch mit Artilleriefeuer und Kampfflugzeugen.
Neue Stiftung: keine Zwischenfälle direkt an Verteilstellen
Die Gaza Humanitarian Foundation (GHF), die über die Zentren Mahlzeiten verteilt, sagte, die Abgabe in Rafah selbst sei "sicher und ohne Zwischenfälle" verlaufen. Ihr sei bekannt, dass Israels Armee untersuche, ob Menschen verletzt worden seien, die den ausgewiesenen Sicherheitskorridor verlassen und ein militärisches Sperrgebiet betreten hätten. "Dies war ein Gebiet weit außerhalb unserer sicheren Verteilungsstelle und unseres Einsatzgebietes", hieß es in einer Mitteilung.
Ein in sozialen und palästinensischen Medien verbreitetes Video soll die Leichen mehrerer junger Männer sowie Verletzte in einer Klinik zeigen.
Die Angaben lassen sich derzeit allesamt nicht unabhängig überprüfen.
UN: Verteilung durch Stiftung gefährdet Menschenleben
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte Volker Türk forderte in Genf eine prompte und unparteiische Untersuchung der Zwischenfälle. "Angriffe, die auf Zivilisten zielen, sind ein schwerer Verstoß gegen das internationale Recht und ein Kriegsverbrechen", betonte Türk.
Die Vereinten Nationen werfen Israel vor, die humanitäre Hilfe zu behindern. Sie lehnen den Einsatz der umstrittenen neuen Stiftung GHF ab. Türk sprach von "Israels militarisiertem humanitärem Hilfsmechanismus", der Menschenleben gefährde. Die Stiftung antwortet nicht auf Fragen, wer sie finanziert und woher das Geld für die Nahrungsmittelpakete stammt. Die wenigen GHF-Verteilzentren werden von bewaffneten Sicherheitskräften bewacht. Bedürftige sind gezwungen, Dutzende von Kilometern zu laufen, um sie zu erreichen. Alle Verteilzentren befinden sich im Wüstengebiet im äußersten Süden des Gazastreifens, der an Ägypten grenzt.