NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen schließt auch angesichts der gefallenen Bundeswehrsoldaten einen vorzeitigen Abzug aus Afghanistan aus. "Wir gehen erst, wenn der Job getan ist", sagte er dem Magazin "Focus". Er wisse "sehr gut, dass die deutsche Beteiligung zu Hause auf Kritik stößt". Umso höher bewerte er das starke Engagement, "das Ausdruck für die Solidarität im Bündnis ist", so Rasmussen weiter.
Er sprach mit "Hochachtung" über den deutschen Beitrag und betonte: "Alle Nato-Partner werden in Afghanistan bleiben, bis wir am Ziel sind." Auf die Frage nach dem Wunsch der Bundesregierung, schon im Jahr 2011 Soldaten abzuziehen, erklärte Rasmussen: "Da gibt es ein paar Missverständnisse. Erst wenn Erfolge eintreten, entsteht die Chance, die Truppenstärke zu reduzieren."
Derweil hat die Nato die Weichen für die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte gestellt. "Heute haben wir einen Fahrplan vereinbart, der in diesem Jahr beginnt", sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen zum Abschluss eines Außenministertreffens des Bündnisses am Freitag im estnischen Tallinn. Die Nato werde gegen die Aufständischen vorgehen, der afghanischen Regierung bei der Ausübung ihrer Souveränität helfen und beginnen, den Afghanen die Verantwortung für die Sicherheit zu übergeben.
Rasmussen sagte, auf der nächsten Afghanistan-Konferenz in Kabul werde der Übergangsprozess von der afghanischen Regierung und der internationalen Gemeinschaft offiziell besiegelt, so dass der Prozess nach dem Nato-Gipfel im November starten können. "Wir sollten uns keine Illusionen machen - der Fortschritt geht nicht schnell und ist nicht einfach, aber er passiert", sagte Rasmussen. Auch wenn die Afghanen Schritt für Schritt selbst die Regie übernähmen, müssten die internationalen Truppen sie noch weiter unterstützen. "Die afghanischen Sicherheitskräfte werden diese Unterstützung noch eine Weile brauchen."
Die afghanische Armee soll von derzeit 113.000 Mann bis Oktober auf 170.000 Kräfte anwachsen, die Polizei gleichzeitig von knapp 103.000 auf 134.000. Doch die Ausbildung der Polizei kommt nur schleppend voran. Nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums sind erst 30 Prozent der Polizisten ausgebildet. Zudem sind bei Polizei und Armee Korruption und Vetternwirtschaft weit verbreitet.
Auch der Aufbau einer stabilen Verwaltung kommt nicht recht voran. In vielen Regionen sind mehr als die Hälfte der Regierungsstellen unbesetzt, weil die Mitarbeiter von Islamisten bedroht werden. US-Außenministerin Hillary Clinton mahnte, an die Afghanen beim Staatsaufbau nicht zu hohe Erwartungen zu stellen. Es sei weltweit nicht das einzige Land, wo es Korruption gebe. Auch sei mit Rückschlägen durch Terroranschläge zu rechnen. "Es wird in Afghanistan Gefahren für Frieden und Sicherheit in den kommenden Jahren weiter geben."