Deutlicher Sieg Machtwechsel in Slowenien: Liberaler Politneuling löst rechtspopulistischen Regierungschef ab

Video: Sloweniens populistischer Premier Jansa verliert Wahl
STORY: Bei den Parlamentswahlen in Slowenien am Sonntag hat die oppositionelle Freiheitsbewegung des ehemaligen Energie-Managers Robert Golob laut vorläufigem offiziellen Wahlergebnis rund 34 Prozent der Stimmen erreicht und damit die Wahl gewonnen. Der populistische Ministerpräsident Janez Jansa musste hingegen eine Niederlage einstecken. Er erreichte nur 24 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen. Dabei hatte er noch auf eine vierte Amtszeit gehofft. Nach der Wahl räumte er seine Niederlage ein und gratulierte dem Gegner. Robert Golob, der Gewinner der Wahl, ist ein Quereinsteiger in der slowenischen Politik und steht für eine ökologisch und liberal geprägte politische Richtung. Golobs Freiheitsbewegung hatte sich im Wahlkampf für einen grünen Umbau des Energiesektors, eine offene Gesellschaft und Rechtsstaatlichkeit in dem Nato- und EU-Mitgliedsland stark gemacht. Um eine Regierung zu bilden, wird Golob voraussichtlich eine Koalition mit den Sozialdemokraten und der Linken bilden müssen.
Dramatische Wahl im kleinen EU-Land Slowenien: Der liberale Polit-Quereinsteiger Robert Golob entthront den umstrittenen Janez Jansa. Gemeinsam feiern konnte der Sieger mit seinen Anhängern aber nicht.

Der rechtspopulistische Regierungschef Janez Jansa hat bei der Parlamentswahl in Slowenien eine schwere Niederlage erlitten. Nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen lag die oppositionelle Freiheitsbewegung (GS) des liberal ausgerichteten Polit-Neulings Robert Golob am Sonntagabend deutlich vor Jansas Partei SDS – und das klarer als erwartet. "Die Menschen wollen Veränderungen und haben uns das Vertrauen ausgesprochen, diese Veränderungen herbeizuführen", sagte Golob, der früher Manager einer Stromgesellschaft war. 

Golobs GS lag bei 34,5 Prozent, die SDS bei 23,6 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag nach offiziellen Angaben bei fast 70 Prozent und damit auf dem höchsten Stand seit 2000. Der rechtsnationale Ministerpräsident Jansa verliert damit nach nur etwas mehr als zwei Jahren sein Amt.

Wahlsieger Robert Golob in Corona-Quarantäne

Der 63-jährige räumte seine Niederlage ein und erklärte, er sei "bereit, für das Gemeinwohl zusammenzuarbeiten". Er warnte seinen Gegner: "Es ist einfach, sich Plakate zu kaufen, die Unterstützung der Medien und der sogenannten Zivilgesellschaft zu haben, aber nichts davon wird Ihnen bei der harten Arbeit helfen, die vor Ihnen liegt."

Golob sagte in seiner Ansprache am Wahlabend: "Morgen werden wir hart daran zu arbeiten beginnen, das Vertrauen (der Wähler) zu rechtfertigen." Der 55-jährige Politik-Newcomer äußerte sich in einem Livestream von seinem Haus aus, da er sich derzeit wegen einer Corona-Infektion in Quarantäne befindet. In der Wahlkampfzentrale der GS wurde Golobs Rede mit Jubel aufgenommen.

Golob studierte Elektrotechnik und stieg mit einem eigenen Start-up in den Stromhandel ein. Seit 2006 und bis vor Kurzem war er Generaldirektor des staatlichen Stromhandelsunternehmens Gen-I. Jansa veranlasste Ende vergangenen Jahres, dass sein Vertrag nicht mehr verlängert wurde. Daraufhin übernahm Golob eine kleine Grünpartei und formte sie zur nun siegreichen Freiheitsbewegung um.

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Golob könnte mit Sozialdemokraten regieren

Der deutliche Vorsprung für seine Freiheitsbewegung kam überraschend. Dem Analysten Miha Kovac zufolge kann Golobs Partei mit "mehr als 40" Mandaten in dem 90 Sitze zählenden Parlament von Ljubljana rechnen.

Nur drei weitere Parteien, die konservative Neues Slowenien (NSi, 7 Prozent, 8 Mandate), die Sozialdemokraten (SD, 7 Prozent, 8 Mandate) und die Linkspartei Levica (4 Prozent, 5 Mandate) übersprangen ebenfalls die Vier-Prozent-Hürde, die für den Einzug ins Parlament maßgeblich ist. Je ein Parlamentssitz ist Vertretern der italienischen und der ungarischen Minderheit vorbehalten. Koalitionsgespräche mit den Sozialdemokraten sollen bereits am Montag beginnen. Jansa dagegen hat zusammen mit der NSi, seinem traditionellen Koalitionspartner, derweil keine Mehrheit auf seiner Seite.

In dem südosteuropäischen Land war ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der GS und der Partei des Regierungschefs erwartet worden. Kovac zufolge geht Golobs Sieg auf die erfolgreiche Mobilisierung der Zivilgesellschaft und junger Wähler zurück. Diese hätten gegen ein Slowenien gestimmt, "das den Weg Ungarns einschlägt, gegen die Einführung einer illiberalen Demokratie, gegen eine Regierung, die die Kontrolle über das öffentliche Fernsehen und den Justizapparat übernimmt".

Jansa häufig in der Kritik

Jansa hatte im Wahlkampf Stabilität versprochen und mit Slogans wie "Keine Experimente" für seine Partei geworben. Doch der Regierungschef ist sowohl innenpolitisch als auch in der EU stark umstritten. Die Opposition wirft Jansa vor, die demokratischen Institutionen seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren ausgehöhlt und die Pressefreiheit eingeschränkt zu haben. Er war bereits von 2004 bis 2008 und von 2012 bis 2013 Ministerpräsident. Jansa wurde Anfang 2020 durch den Zerfall der 2018 gebildeten Mitte-Links-Koalition wieder Regierungschef. Abgeordnete zweier Kleinparteien waren zu Jansa übergelaufen, er konnte so mit einer Rechts-Koalition eine hauchdünne Mehrheit hinter sich vereinen.

Die Ressourcen der Regierung nutzte er für den Wahlkampf der SDS. Politische Gegner und Journalisten greift er immer wieder über den Kurznachrichtendienst Twitter unflätig an. Die von seinen Leuten kontrollierte Polizei überzog friedliche Demonstranten häufig mit juristisch fragwürdigen, empfindlichen Geldstrafen.

Golob steht vor Herausforderungen

Seit Jansas Amtsantritt gab es immer wieder große Demonstrationen, die sich gegen autoritäre Tendenzen in Slowenien richteten. In der EU wird Jansas enges Verhältnis zu Ungarns rechtsnationalistischem Ministerpräsidenten Viktor Orban mit Argwohn betrachtet. Jansa ist auch ein Bewunderer des früheren US-Präsidenten Donald Trump.

Golob hatte die Wahl im Vorfeld als "Referendum über die Demokratie in Slowenien" bezeichnet. Der Oppositionschef leitete früher ein großes Energieunternehmen mit Schwerpunkt auf der Solarenergie.

Analyst Kovac warnte wie Jansa vor den großen Herausforderungen, die auf Newcomer Golob zukommen. Dessen Bewegung existiere erst weniger als drei Monate. Es fehle an "Infrastruktur", an "Know-How" und Erfahrung mit der Funktionsweise des Parlaments.

DPA · AFP
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