Bundespräsident Horst Köhler ist überraschend zu einem Besuch deutscher Soldaten in Afghanistan eingetroffen. Er kam am Freitag mit seiner Ehefrau Eva Luise im Bundeswehr-Feldlager im nordafghanischen Masar-i-Scharif an. Er wolle mit seinem Besuch den Soldaten die Unterstützung Deutschlands für ihren Einsatz mitteilen und sich über die Stimmung der Soldaten informieren, sagte er. Köhler machte auf dem Rückflug von der Weltausstellung in Shanghai einen Abstecher. Sein Besuch war aus Sicherheitsgründen nicht angekündigt worden. Es ist die erste Reise eines deutschen Staatsoberhauptes nach Afghanistan seit mehr als 40 Jahren.
Nach der Begrüßung durch den für den Norden Afghanistans zuständigen Kommandeur, General Frank Leidenberg, ehrte Köhler die in der Region getöteten Soldaten aus allen Einsatznationen. Der Bundespräsident verharrte still an einem Gedenkstein auf dem die Inschrift: "Zum Gedenken an unsere toten Kameraden. In Deine Hände befehle ich meinen Geist" und Plaketten mit den Namen der 58 Soldaten angebracht sind. Anschließend war ein nichtöffentlicher Lagevortrag für das Staatsoberhaupt geplant, das später mit Soldaten über ihren Einsatz sprechen wollte.
Kurz vor der Ankunft des Präsidenten wurde in der Nähe von Faisabad eine deutsche Patrouille beschossen. Die Soldaten hätten das Feuer erwidert, teilte das Einsatzführungskommando in Potsdam mit. Es sei niemand verletzt worden.
Aufstockung der Truppe im Juli
In Afghanistan sind derzeit rund 4300 deutsche Soldaten stationiert. Der Bundestag hatte die Mandatsobergrenze Ende Februar um 850 auf 5350 Soldaten erhöht, um der verschlechterten Sicherheitslage vor allem in der Provinz Kundus Herr zu werden. Im Juli soll die Aufstockung der deutschen Truppen in Afghanistan beginnen. Die Bundeswehr-Soldaten sollen künftig viel stärker als bisher gemeinsam mit den afghanischen Soldaten auf Patrouillen gehen und die Aufständischen gemeinsam bekämpfen. Damit wird sich nach den Worten von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg auch das Risiko für die deutschen Soldaten erhöhen.
Die neue Strategie soll die Weichen für einen Abzug ab 2011 stellen und legt den Schwerpunkt auf die Ausbildung der afghanischen Armee und Polizei sowie auf die zivile Hilfe. Bei der Bundeswehr soll die Zahl der Ausbilder für die afghanischen Sicherheitskräfte von 280 auf 1400 steigen. Die zivile Aufhauhilfe wird auf 430 Millionen Euro verdoppelt. Die USA stocken derzeit ihre Truppen im deutschen Verantwortungsbereich im Norden Afghanistans um 5000 Soldaten auf. Außerdem stationieren sie dort Dutzende dringend benötigte Helikopter und Kampfhubschrauber.
Zuletzt war Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Mitte April in Afghanistan gewesen. Am letzten Tag seines Besuches waren in der Provinz Baghlan, die an Kundus angrenzt vier deutsche Soldaten bei Taliban-Angriffen getötet und fünf Soldaten verletzt worden. Guttenberg brach damals seine Rückreise ab und kehrte nach Afghanistan zurück.Der Tod der Soldaten verschärfte die Debatte in Deutschland über den Einsatz weiter. Zwei Wochen zuvor waren am Karfreitag bereits drei deutsche Soldaten in einem Hinterhalt der Taliban ums Leben gekommen. Eine klare Mehrheit der Bevölkerung ist in Umfragen für einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan.