Die Ukraine und die USA äußerten sich im Anschluss zufrieden: Die Vollversammlung der Vereinten Nationen suspendierte Russland im UN-Menschenrechtsrat wegen des Ukraine-Kriegs. Die nötige Zweidrittelmehrheit wurde bei der Abstimmung erreicht, die Mitgliedschaft ausgesetzt. Dass Russland hinterher dann selbst seinen Austritt verkündete: Makulatur. 93 Länder stimmten für die Suspendierung, darunter die USA, Großbritannien, Kanada und alle EU-Staaten. Das waren rund vier Mal mehr als die 24 Gegenstimmen.
Was aber auch zur Wahrheit gehört: 58 Mitglieder enthielten sich und mehr als ein Dutzend stimmte nicht ab. Nimmt man die Enthaltungen zu den Gegenstimmen dazu, wendeten sich also 82 der Abstimmenden nicht klar gegen Russland.
Unter den Gegenstimmen waren viele erwartbare: Jene ehemaligen Sowjetrepubliken, die mit Russland im OVKS – quasi eine Art Gegen-Nato – alliiert sind sowie andere von autoritären Machthabern geführte Staaten. Traditionelle Verbündete und Sympathisanten also, Namen wie Belarus, Bolivien, China, Iran, Kasachstan, Kuba, Nordkorea, Syrien, Tadschikistan, Usbekistan, die auch bereits bei der Resolution gegen Russland Anfang März in großen Teilen gegen den damaligen Antrag stimmten.
Russland hat in Afrika viel Einfluss
Bemerkenswert ist daneben vor allem der Blick auf Afrika. "In den vergangenen Jahren besann sich die Regierung in Moskau zunehmend auf die alten Verbindungen aus Sowjetzeiten und baute ihre politischen, wirtschaftlichen und vor allem militärischen Beziehungen zu zahlreichen afrikanischen Ländern aus", analysiert die "Deutsche Welle". Russland liefert dort unter anderem Waffen und Rohstoffe und unterhält Militärstützpunkte. Manchmal schickt das Land auch Söldner, wie in Mali. Diese enge Vernetzung (oder je nach Land auch Abhängigkeit) scheint sich nun für Wladimir Putin auszuzahlen. Viele Stimmen gegen die Suspendierung kamen aus Afrika, viele Enthaltungen ebenfalls. Die Befürworter des russischen Ausschlusses sind auf dem Kontinent in der Minderheit. Die wirtschaftsstärksten afrikanischen Länder Ägypten, Nigeria und Südafrika enthielten sich.
Auch andere wichtige Wirtschaftsnationen positionierten sich nicht eindeutig oder stimmten gegen eine russische Suspendierung: Die aufstrebenden Schwellenländer Brasilien, Indien, Mexiko und Saudi Arabien etwa enthielten sich. China stimmte wie schon erwähnt mit "nein".
Auf der Befürworter-Seite gab es allerdings ebenfalls Stimmen, mit denen nicht unbedingt zu rechnen war. Serbien gehört dazu.
Am Ende steht: Die Resolution, die den Krieg verurteilt, befürworteten vor einem Monat noch 141 Länder, den konkreten Schritt der Suspendierung wollten nun deutlich weniger mittragen. Ob das immer volle Überzeugung war? Vor allem viele der Enthaltungen dürften eher aus reiner Vorsicht geschehen sein und den engen wirtschaftlichen, energetischen und militärischen Verbindungen sowie teilweise auch Abhängigkeiten geschuldet sein, die die jeweiligen Länder mit Russland haben. Aber das Ergebnis zeigt: Russland mag wegen seines Angriffs auf die Ukraine weltweit in der Kritik stehen, komplett isoliert ist es nicht.
Quellen: UN, "Deutsche Welle"