Eine Frau zu sein ist in Saudi-Arabien nicht leicht. Das Königreich, dessen Gesellschaft durch eine strenge Auslegung des Islam geprägt ist, hat strenge Gesetze, die Frauen in ihrem Leben einschränken. So wurde dort 2022 ein Personenstandsgesetz verabschiedet, das die Vormundschaft des Mannes über die Frau verankert – ausgerechnet am Weltfrauentag. Kronprinz Mohammed bin Salman pries es als "umfassend" und "fortschrittlich" an, berichtete die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.
Nichtsdestotrotz hat Saudi-Arabien künftig den Vorsitz in der UN-Kommission zur Förderung von Frauen inne. Die 45 Mitgliedsländer der "Kommission der Vereinten Nationen zur Rechtsstellung der Frau" (CSW) bestimmten den saudischen Botschafter Abdulasis Alwasil am Mittwoch in New York per Akklamation zum Vorsitzenden der nächsten Sitzungsperiode. Das Mandat dauert ein Jahr.
Kein Staat erhebt Einspruch gegen Saudi-Arabien
Bei der Sitzung der Kommission hatte der derzeitige Vorsitzende aus den Philippinen den saudischen Botschafter als einzigen Kandidaten vorgestellt. "Darf ich davon ausgehen, dass die Kommission seine Exzellenz Abdulaziz Alwasil aus Saudi-Arabien per Akklamation zum Vorsitzenden der Kommission auf ihrer 69. Sitzung wählen möchte?", fragte er die 45 Mitgliedsländer. "Ich höre keine Einwände. Also ist es so beschlossen." Der Beschluss wurde mit kurzem Beifall bedacht.
Es kam auch aus der Gruppe "Westeuropa und andere Staaten" kein Widerspruch. Die Gruppe ist dort zurzeit mit Österreich, Israel, Liechtenstein, den Niederlanden, Portugal, Spanien, der Schweiz und der Türkei vertreten.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International zeigte sich am Donnerstag schockiert. Saudi-Arabien ist eine absolute Monarchie, in der das Königshaus mit einer ultrakonservativen Islam-Auslegung herrscht. Es steht im Bericht der Stiftung Weltwirtschaftsforum (WEF) 2023 über die Gleichstellung der Geschlechter auf Platz 132 von 146 Ländern.
Wie Männer es den Frauen schon immer schwer gemacht haben

Die perfekte Frau kennzeichnete im beginnenden 19. Jahrhundert Tugenden wie Sittsamkeit, Fleiß, Gehorsam und mütterliche Fürsorge. Ihr Wirkungskreis war das Haus, die des Mannes die Öffentlichkeit. Es galt damals als wissenschaftlich belegt, dass Frauen aufgrund ihres "natürlichen Geschlechtscharakters" nur über ein eingeschränktes Urteilsvermögen verfügten. Als Person könne die Frau daher nicht eigenverantwortlich handeln und bräuchte stets einen männlichen Vormund. Die Französische Revolution und die Aufklärung begannen jedoch auch auf Deutschland abzustrahlen. Das aufgeklärte Bild vom Menschen wurde zum Geburtshelfer der ersten organisierten Frauenbewegung.
Frauenrechte in Saudi-Arabien massiv beschnitten
"Für uns ist dies ein Schock, wenn auch keine Überraschung", sagte Natalie Wenger, bei Amnesty Schweiz unter anderem für Saudi-Arabien zuständig. Saudi-Arabien betreibe mit viel Geld eine Imagekampagne, um sich als modernes Land zu präsentieren. "Das sind aber Gesten, die keine Substanz haben." Die Frauenrechte würden dort ständig verletzt. Amnesty hat in einem Bericht gerade den Fall einer Mutter zweier Kinder erwähnt, die während ihrer Doktorarbeit auf der Plattform X (früher Twitter) für Frauenrechte eingetreten war und deshalb zu 27 Jahren Haft verurteilt wurde. Länder, die solche Vorsitze in UN-Kommissionen einnehmen, müssten Vorbildcharakter haben, sagte Wenger. "Deshalb sehen wir diesen Vorsitz als tragisch an."
Darüber hinaus wurden laut Amnesty gegen prominente Frauenrechtsaktivistinnen Reiseverbote und andere Einschränkungen verhängt, um ihr Recht auf freie Meinungsäußerung einzuschränken.