Schengen-Referendum Die Schweiz öffnet ihre Grenzen

Die Schweizer Grenze wird für EU-Bürger durchlässiger. Bei einem Referendum über den Beitritt zum Schengen-Abkommen hat sich die Mehrheit für die Abschaffung der Passkontrollen ausgesprochen.

Mit 54,6 Prozent Ja-Stimmen haben die Schweizer Wähler am Sonntag in einer Volksabstimmung den Beitritt ihres Landes zu den Sicherheits- und Asylabkommen der EU von Schengen und Dublin beschlossen. Die Schweiz rückt damit einen Schritt näher an die EU heran. Doch das Ergebnis zeigt, dass in den ländlich geprägten Kantonen der deutschsprachigen Schweiz die Skepsis gegenüber der EU vorherrscht. Kantone wie Appenzell, St. Gallen oder auch Schwyz und Uri kamen auf Nein-Anteile von zum Teil deutlich über 60 Prozent. Dagegen fand der Vertrag in allen Kantonen der französischsprachigen Westschweiz eine Mehrheit.

Abschaffung der Routine-Personenkontrollen

Das Schengen-Abkommen bedeutet die Abschaffung von Routine-Personenkontrollen an der Schweizer Grenze. Dies dürfte aber nicht vor dem 1. Januar 2007 effektiv der Fall sein. Zum einen muss nach der Abstimmung in der Schweiz auch der EU-Ministerrat dem Abkommen noch endgültig zustimmen. Zudem wird die Schweiz die Grenzen erst wirklich öffnen, wenn sie voll an das Schengen-Polizei-Informationssystem angeschlossen ist und die Voraussetzungen für standortunabhängige Polizeikontrollen im Hinterland der Grenze geschaffen sind.

Der vom Parlament beschlossene Beitritt zu den Abkommen, der unter anderem eine Aufhebung der Passkontrollen an den Grenzen bedeuten würde, wird von der Wirtschaft befürwortet und von der politischen Rechten wegen des befürchteten Verlustes an staatlicher Souveränität bekämpft.

Drittes Land nach Island und Norwegen

Die Abkommen von Schengen und Dublin sind Teil der zweiten bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU, die vor Jahresfrist abgeschlossen wurden. In der Schlussphase des Abstimmungskampfes sorgte das klare Nein Frankreichs und der Niederlande zur EU-Verfassung für zusätzliche Unsicherheit und Nervosität, obwohl kein direkter Zusammenhang zum Schweizer Referendum besteht. Bei einer Zustimmung wäre die Schweiz neben Norwegen und Island das dritte Nicht-EU-Land, das dem Abkommen beitritt.

Das Schengen-Ergebnis macht klar, dass ein Beitritt der Schweiz zur EU derzeit am Widerstand der deutschschweizer Kantone klar scheitern würde, da für die Beitrittsfrage ein anderer Wahlmodus als für Schengen/Dublin gelten würde. Aus diesem Grund ist die Schweizer Regierung bestrebt, das Verhältnis zur Union über bilaterale Verträge zu regeln. Nun steht im Herbst eine Abstimmung darüber an, ob die Schweiz die Personenfreizügigkeit auch auf Personen aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten ausdehnen will. Dann wird die Frage im Vordergrund stehen, ob sich Schweizer vor einer Konkurrenz durch Niedriglohn-Arbeitskräfte aus Osteuropa fürchten müssen.

AP · Reuters
Reuters/AP