Schweiz Islamgegner wollen Minarette verbieten

Die rechtskonservative Partei Schweizer Volkspartei möchte den angeblichen "Machtanspruch des Islam" einen Riegel vorschieben. Deswegen strebt sie nun eine Gesetzesänderung an, die nicht nur für Muslime ein Albtraum wäre.

Die Schweizer Außenministerin Micheline Calmy-Rey schlägt Alarm: Eine von zwei rechtskonservativen Parteien angestoßene Initiative will den Bau von Minaretten in dem Alpenland künftig verbieten. Ein "politisch-religiöser Machtanspruch" des Islams solle damit in der Schweiz verhindert werden, sagen die Schweizerische Volkspartei (SVP) und die Eidgenössische Demokratische Union (EDU). Die sozialdemokratische Außenministerin sieht damit nicht nur die Sicherheitsinteressen ihres Landes, sondern auch die Bevölkerung gefährdet. Die "Berner Zeitung" stellte fest, dass gegen die Initiative bereits im arabischen Fernsehsender Al Dschasira und auf Internetseiten polemisiert werde.

Die schlanken Gebetstürme mit dem Halbmond an der Spitze sind für Islamisten nach Ansicht Schweizer Religionswissenschaftler politische Zeichen ihrer Religion. Dagegen müsse sich die Schweiz wehren, heißt es von SVP und EDU. Bislang aber gibt es bei den Eidgenossen zwei Moscheen mit Minaretten. Eine davon steht seit 1978 in Calmy-Reys Heimatstadt Genf. Gestört hat der Bau bisher höchstens einige Eltern der nahen Deutschen Schule, die an Freitagen, dem Hauptgebetstag der Muslime, nur schwer Parkplätze finden, wenn sie ihre Sprösslinge abholen wollen.

Ein Albtraum für Demokraten

Die andere Moschee mit Minarett steht in Zürich direkt gegenüber einer Kirche. Nach Aussagen von Anwohnern gab es auch hier bisher keine besonderen Vorkommnisse. Nun soll also in die Schweizer Verfassung der Satz aufgenommen werden "Der Bau von Minaretten ist verboten" - ein Albtraum für Demokraten und Völkerrechtler. Auch die Schweizer Bischofskonferenz hat sich öffentlich gegen das Vorhaben ausgesprochen.

Die knapp 340.000 Muslime in der Schweiz - bei einer Bevölkerung von etwa 7,5 Millionen - fühlen sich häufig abgelehnt. Nach einer Erhebung das Nachrichtenmagazins "Facts" gehen sie zwar in über 140 Gebetshäusern bislang weitgehend im Stillen ihrem Glauben nach. Sie wollten ihn aber immer mehr auch in der Öffentlichkeit zeigen. Mittlerweile wurden Bauanträge für Minarette in drei Kantonen eingereicht.

100.000 Unterschriften bis zur Volksabstimmung

Rund 100.000 Unterschriften muss die Initiative bis November 2008 einholen, um eine Volksabstimmung über das Minarett-Verbot in Gang zu setzen. Bislang stehen erst 100 Unterstützer hinter dem Vorhaben, davon 35 Parlamentarier der SVP. Die rechtskonservative Partei des Industriellen Christoph Blocher stellt im 200-köpfigen Schweizer Parlament mit 55 Sitzen die Mehrheit.

Die EDU, die auch gegen Abtreibung oder gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu Felde zieht, hat dagegen nur zwei Sitze. Die SVP, so sehen es Beobachter, versucht mit der Initiative Wählerstimmen zu fangen, damit sie bei der Parlamentswahl im Oktober ihre Mehrheit nicht verliert. Das Vorhaben als reinen Wahlkampf abzutun, erscheint Außenministerin Calmy-Rey allerdings als gefährlich. Noch sind die Proteste in der islamischen Welt in Erinnerung, die nach der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in Dänemark eskalierten.

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Heinz-Peter Dietrich/DPA