In Israel zeichnet sich eine schwere Regierungskrise ab. Ministerpräsident Ariel Scharon entließ am Montagabend vier der fünf Minister der ultraorthodoxen Schas-Partei, nachdem diese ein wirtschaftliches Notprogramm in erster Lesung scheitern ließ. Die 17-köpfige Parlamentsfraktion der Schas-Partei hatte gegen das von Finanzminister Silwan Schalom eingebrachte Notprogramm gestimmt, weil es tiefe Einschnitte in der Förderung von großen Familien vorsah. Nach der Entscheidung Scharons trat der fünfte Schas-Minister, der nicht an der Abstimmung teilgenommen hatte, zurück. Zudem entließ Scharon stellvertretende Minister der ultraorthodoxen Partei Vereinigtes Torah-Judentum. Die große Koalition Scharons unterlag bei der Abstimmung mit 44 zu 47 Stimmen.
Haushaltsgesetz gescheitert
Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser rief die Fraktion seiner Arbeitspartei für den heutigen Dienstag zu einer dringenden Fraktionssitzung zusammen, berichtete der Armee-Rundfunk in der Nacht. Mehrere Abgeordnete der Arbeitspartei, darunter Parlamentspräsident Avraham Burg, blieben der Abstimmung fern und trugen damit zum Scheitern des Haushaltsgesetzes bei, das durch massive Kürzungen in allen Bereichen den erst im März verabschiedeten Haushalts 2002 sanieren sollte. Scharon ließ den vier Ministern noch am Abend die Entlassungsschreiben zustellen, berichtete der israelische Rundfunk. Die Entlassung tritt jedoch erst nach 48 Stunden in Kraft, so dass es für Scharon und die Schas-Partei noch Verhandlungsspielraum gibt. Der Schas-Vorsitzende und Innenminister Eli Jischai kündigte nach israelischen Medienberichten jedoch bereits in der Nacht zum Dienstag an, seine Gruppierung werde das Notprogramm weiter boykottieren. Die Schas-Partei ist die drittstärkste Fraktion in der Regierung.
Tiefe Rezession
Der britische Fernsehsender BBC berichtete am frühen Dienstagmorgen, Scharon bereite sich auf eine neue Abstimmung in der Knesset vor. Nach Angaben von Radio Israel hält sich die radikal-säkulare Schinui-Partei für den Notfall bereit, in die Koalition einzutreten. Sollte Scharon wirklich die Unterstützung der Schas-Partei und des Vereinigten Torah-Judentum verlieren, hätte die Koalition nur noch 60 von 120 Sitzen in der Knesset. Die tiefe Rezession in Israel hat zu einem riesigen Defizit im Haushalt 2002 geführt, dass durch die Kürzungen im Umfang von 13 Milliarden Schekeln (rund drei Milliarden Euro) ausgeglichen werden sollte.