Das neue Milliarden-Sparpaket der italienischen Regierung von Silvio Berlusconi ist unter Dach und Fach. In der abschließenden Abstimmung votierten am Mittwochabend in Rom 314 Abgeordnete für und 300 gegen die Sparmaßnahmen von etwa 54 Milliarden Euro. Mit einem Vertrauensvotum hatte Berlusconi das Sparpaket zuvor bereits erfolgreich abgesichert und beschleunigt. Es sieht unter anderem eine höhere Mehrwertsteuer vor. Bis 2013 will das höchst verschuldete Land einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen.
Die Vertrauensabstimmung hatte Berlusconi mit 316 zu 302 Stimmen gewonnen. Der Senat hatte dem Sparpaket als erste der beiden Kammern bereits zugestimmt. Zusammen mit ihrem ersten Sparpaket vom Juli über rund 48 Milliarden Euro will die Mitte-Rechts-Regierung mehr als 100 Milliarden Euro einsparen und Italien aus dem Sog der Schuldenkrise und der europäischen Kritik ziehen.
Kritiker bemängeln fehlende Wachstumsmaßnahmen
Das hoch verschuldete Italien, dessen Staatsverschuldung im Juni auf 1,9 Billionen Euro stieg, will mit dem "Blut- und Tränenplan" bereits 2013 einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen können. Es geht darum, Glaubwürdigkeit wiederherzustellen und sich aus der Kritik der EU und der Schusslinie der Finanzmärkte zu bringen. Kritiker bemängelten allerdings, dem Paket fehlten wachstumsfördernde Maßnahmen und strukturelle Defizite würden nicht angegangen.
Italien leidet unter einem niedrigen Wachstum. Die OECD prognostizierte in ihren letzten Veröffentlichungen für das laufende Jahr Stagnation. Der internationale Währungsfonds IWF senkte seine Erwartungen für 2012 von 0,7 auf 0,5 Prozent.
Berlusconi hatte der EU versprochen, dass das Parlament in Rom zustimmen würde. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso begrüßte "die Entschlossenheit der italienischen Regierung", bis 2013 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Dies sei "ein wichtiges Zeichen von Entschlusskraft und Ehrgeiz", sagte Barroso.
Rückenwind in "Rubygate-Affäre"
Auch in einer anderen schwierigen Angelegenheit erhielt Berlusconi am Mittwoch Unterstützung: Nach dem Abgeordnetenhaus stellte jetzt auch das Oberhaus die Zuständigkeit des Mailänder Gerichts für die sogenannte Rubygate-Affäre infrage. Nach Ansicht der Senatoren muss nicht ein Strafgericht, sondern ein sogenanntes Ministergericht in dem Prozess um die angebliche Begünstigung der Prostitution Minderjähriger und Amtsmissbrauch entscheiden. Dies hatte im April bereits das Abgeordnetenhaus beantragt.
Die Regierungsmehrheit im Parlament bestreitet, dass Berlusconi sein Amt missbraucht habe, als er im Mai 2010 die Mailänder Polizei anrief, um die wegen Diebstahls festgenommene Marokkanerin Karima el Mahrough alias Ruby Rubacuore freizubekommen. Nach Ansicht der Abgeordneten war Berlusconi damals tatsächlich überzeugt, dass die junge Frau wie behauptet die Nichte des damaligen ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak sei. Die Mailänder Staatsanwaltschaft wirft Berlusconi zudem vor, 2010 die damals minderjährige Nachtclub-Tänzerin bei Partys in seiner Villa in Arcore für Sex bezahlt zu haben.