Stimmungslage USA - Nach elf Tagen Probleme an der Polit-Front

Je länger der Krieg Bilder von getöteten irakischen Zivilisten produziert, umso stärker werden die antiamerikanischen Gefühle weltweit, warnt der Terrorismusexperte Daniel Benjamin.

Nach elf Tagen Krieg in Irak wachsen an der politischen Front die Probleme für die USA. Vor der Invasion hatte die Regierung in Washington gehofft, mit einem schnellen Sieg vor allem die arabische Welt davon zu überzeugen, dass auch sie vom Fall eines autoritären Systems profitieren könne. Je länger der Krieg aber Bilder von getöteten irakischen Zivilisten produziert, umso stärker werden die antiamerikanischen Gefühle weltweit, warnt der frühere Terrorismusexperte im Nationalen Sicherheitsrat, Daniel Benjamin.

Nur schneller Sieg nützt USA

Die von US-Präsident George W. Bush formulierte Perspektive, ein demokratisiertes Irak könne zu einer positiven Neuordnung des gesamten Nahen und Mittleren Ostens führen, stehe und falle mit einem schnellen militärischen Sieg, sagt Benjamin, der nun beim Zentrum für Strategische und Internationale Studien in Washington arbeitet. Vielleicht unabsichtlich bestätigt wurde diese These vergangene Woche von Außenminister Colin Powell, der die zunehmend USA-feindliche Stimmung weltweit als "vorübergehendes Problem" bezeichnete. Wenn die internationale Öffentlichkeit erst einmal Bilder über den Sturz Saddam Husseins jubelnder, befreiter Iraker zu sehen bekomme, werde das wieder umschlagen. "Wir werden die Irak-Krise hinter uns lassen und das bessere Leben zeigen, dass auf das irakische Volk wartet", formulierte Powell.

Aufstand der muslimischen Bevölkerung

Der Zeitfaktor wird zum Problem für die USA: Noch sind die großen und auch gewalttätigen Demonstrationen in den arabischen Ländern noch nicht eingetreten, die viele befürchtet hatten. Länder wie Ägypten, Jordanien und Saudi-Arabien gelingt bis jetzt die Gratwanderung, die USA so zu kritisieren, dass ihre Bevölkerung sich damit zufrieden gibt, und zugleich stillschweigend die US-Kriegsmaschinerie zu unterstützen.

Zwei oder drei Monate Krieg könnten die Lage grundlegend verändern und die Regierungen dieser Länder zwingen, entweder öffentlich mit den USA zu brechen oder sich mit erheblichen Unruhen konfrontiert zu sehen. Benjamin und andere Experten sagen, dass die USA ja nicht darauf angewiesen seien, dass sie "gemocht" werden. Schwieriger würde es aber für Washington, wenn derzeit gewährte Unterstützung wegfallen würde.

Konjunktur für islamische Extremisten

Zugleich wächst mit Fortdauer des Krieges die Gefahr, dass islamische Extremisten Zulauf bekommen. Der irakische Vizepräsident Taha Jassin Ramadan sagte am Samstag, tausende muslimischer Freiwilliger strömten nach Irak, um sich als "Märtyrer" im Kampf gegen die USA zu opfern. Saddam Hussein scheint seine ganze Strategie darauf abzustellen, den Krieg mit einer Guerilla-Taktik solange wie nur möglich hinzuziehen. Militärisch kann er die USA wohl nicht schlagen, politisch scheint der Ausgang dagegen offen. Den irakischen Versuch, doch noch auf eine Verhandlungslösung hinzuwirken, hat Bush kategorisch freilich zurückgewiesen: Der Krieg werde solange dauern, bis Saddam Hussein gestürzt sei, bekräftigte er erneut am Samstag.