Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist zu ihrem ersten Griechenland-Besuch seit Beginn der Euro-Schuldenkrise eingetroffen. Die Maschine der Kanzlerin landete am Dienstagmittag auf dem Flughafen von Athen. Dort wurde Merkel mit militärischen Ehren empfangen. In der griechischen Hauptstadt sind Gespräche mit Regierungschef Antonis Samaras und Staatspräsident Karolos Papoulias geplant.
Unmittelbar vor Merkels-Besuch haben erste Proteste in der griechischen Hauptstadt begonnen. Auf dem zentralen Omonia Platz versammelten sich am Dienstagmorgen mehrere hundert Anhänger der Kommunistischen Partei (KKE) zu einer Demonstration. "Jetzt Volksaufstand gegen die Sparpolitik", skandierten sie. Das Staatsfernsehen NET berichtete über erste Festnahmen. 20 verdächtig erscheinende Jugendliche seien in Polizeigewahrsam genommen worden.
Auch vor dem griechischen Parlament versammelten sich Demonstranten. Einige trugen Transparente mit dem Spruch "Frau Merkel - get out" ("Frau Merkel - hau ab"). Vor dem Parlament ist für den Nachmittag eine Demonstration der Gewerkschaften sowie der größten Oppositionspartei Bündnis der radikalen Linken (Syriza) geplant.
Die linke Opposition und Gewerkschaften haben zu Protesten gegen Sparauflagen aufgerufen, die das hoch verschuldete Land für internationale Hilfen umsetzen soll.
Die Polizei hat das gesamte Regierungsviertel hinter dem Parlament gesperrt. Wasserwerfer wurden gesichtet. Polizisten kontrollierten in der überwachten Zone auch Passanten. Die Polizei schloss sechs U-Bahn-Stationen, damit niemand ins Sperrgebiet ohne Kontrolle fahren kann. Die Straße vor der deutschen Botschaft wurde vollständig gesperrt.
Merkel will nach eigenen Worten "in aller Freundschaft" mit Athener Politikern reden über "Aufgaben, die noch vor Griechenland liegen" und "darüber, was schon erreicht ist". Die Kanzlerin werde "mit Nachdruck" darauf hinweisen, "was noch alles zu leisten ist", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
"Tochter Hitlers, raus aus Griechenland"
Tausende Griechen demonstrierten hatten bereits bereits am Montagabend in Athen gegen den Sparkurs und Merkels Besuch. Einzelne Griechen trugen Plakate mit beleidigenden und diffamierenden Aufschriften. "Raus aus unserem Land, du Schlampe", hieß es auf einem Plakat. "Tochter Hitlers, raus aus Griechenland und kein Viertes Reich", stand auf einem anderen. Linke Demonstranten trugen ein großes Transparent mit der deutschen Fahne und einem abgeänderten Vers von Berthold Brecht: "Angela weine nicht. Da ist nichts im Schrank, was zu holen wäre."
Die internationalen Geldgeber verstärkten ihren Druck auf Griechenland. "Es gibt Fortschritte vor Ort, aber es muss noch mehr getan werden, und zwar an allen Fronten", sagte die Chefin des Internationalen Währungsfonds IWF, Christine Lagarde, am späten Montagabend in Luxemburg nach Beratungen mit den Euro-Kassenhütern. "Handeln heißt handeln - nicht reden", fügte die Französin hinzu.
Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker sagte, bis zum 18. Oktober müssten in Athen bereits vor einem halben Jahr zugesagte Reformen und Sparmaßnahmen umgesetzt werden. Er kündigte Beschlüsse zu Griechenland für die "kommenden Wochen" an.
Warten auf 31,5 Milliarden Euro
Die internationalen Kreditgeber - unter ihnen ist auch der IWF - haben bislang noch nicht das neue Sparprogramm Athens von 14,5 Milliarden Euro gebilligt. Dies ist aber Voraussetzung für die Freigabe der dringend benötigten Kredittranche von 31,5 Milliarden Euro. Ohne das Geld wäre Griechenland schon bald pleite. Wann die Troika der Geldgeber ihre Arbeiten an Ort und Stelle abschließt und ihren Bericht vorlegt, ist weiter offen.
Die Euroländer begrüßten insgesamt den Sparkurs Griechenlands: "Ich bin beeindruckt von dem Willen Griechenlands zur Umsetzung", sagte Juncker.