Im Betrugsprozess gegen Donald Trump in New York hat der ehemalige US-Präsident am Montag die dauerhafte Aufhebung seines Redeverbotes beantragt. Trump will nicht hinnehmen, dass Richter Arthur Engoron ihm und seinen Verteidigern untersagt hat, sich öffentlich über das Verfahren zu äußern. Mitte November hatte der 77-Jährige bereits die vorläufige Außerkraftsetzung der sogenannten Gag Order erreicht. Ein Berufungsgericht hatte entschieden, dass ihre Rechtmäßigkeit von einem größeren Richtergremium überprüft werden müsse.
Engoron hatte Trump den Maulkorb verpasst, nachdem der Ex-Präsident ihn und Mitarbeitende des Gerichtes unter anderem in den sozialen Medien heftig beschimpft hatte, und sich daraufhin eine Flut von Hassbotschaften und Belästigungen über das Gericht ergoss. In ihrem Antrag von Montag argumentierten Trumps Anwälte nun, dass die Angriffe ihres Mandanten entgegen der Entscheidung von Engoron keine Drohungen waren und dass das "beunruhigende Verhalten anonymer Dritter" nicht Trump angelastet werden könne.
Anwälte sehen Trumps Rechte durch Gag Order verletzt
Die "weitreichenden, verfassungswidrigen Redeverbote" verletzten das verfassungsmäßige Recht von Trump und seinen Anwälten, "grundlegende Fairness zu fordern" und öffentlich auf das "sehr offen parteiische Verhalten" hinzuweisen, das "den Prozess infiziert und durchdrungen hat", heißt es in dem Gerichtsdokument. Die Gag Order schirme "Richter Engoron und seinen offen parteiischen Gerichtsschreiber von der genauen Prüfung ab, die für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Vertrauens in die Justiz und die Gewährleistung eines fairen Prozesses unerlässlich ist."
Ähnliche Vorwürfe der Parteilichkeit und politischen Voreingenommenheit hatte Trump auch in den Social-Media-Beiträgen erhoben, die ihm das Redeverbot eingebracht hatten. In einem Posting vom 3. Oktober hatte Trump sogar den Namen, das Foto und die Social-Media-Konten von Engorons "korrupter" Gerichtsschreiberin veröffentlicht und ohne jegliche Beweise behauptet, sie sei die Geliebte des verheirateten Mehrheitsführers der Demokraten im Senat, Chuck Schumer.
Welche Folgen Trumps öffentliche Angriffe für die Justizmitarbeiter haben, wurde am vergangenen Mittwoch deutlich, als Engorons Team beim Berufungsgericht die Wiedereinführung der Gag Order verlangte. "Täglich werden der Richter und seine Mitarbeiter mit Hunderten von belästigenden und bedrohenden Anrufen, Sprachnachrichten und E-Mails überschwemmt", schrieb Charles Hollon, ein Gerichtsbeamter in der Abteilung für öffentliche Sicherheit, in dem Antrag. Diese hätten am und nach Trumps Posting vom 3. Oktober "exponentiell" zu genommen. Die Drohungen würden als "ernsthaft und glaubwürdig und nicht als hypothetisch oder spekulativ" bewertet.
"Vertraut mir. Vertraut mir, wenn ich das sage. Ich werde kommen. Es ist mir egal. Und niemand wird mich aufhalten", zitierte Hollon in seiner eidesstattlichen Erklärung aus einer der Sprachnachrichten an das Gericht.
Was von Trumps juristischen Problemen übrig bleibt

Erst am 10. Januar, zehn Tage vor Trumps Rückkehr ins Weiße Haus, verkündete Richter Merchan das Strafmaß: Er bestätigte den Schuldspruch der Jury, erließ Trump jedoch in die "bedingungslose Straffreiheit"
"Gib dein Amt auf, du dreckiges, verräterisches Stück Müll", hieß es demnach in einer anderen Voicemail. "Wir werden dich und alle anderen dreckigen, verräterischen, lügenden und betrügenden Amerikaner erwischen. Ihr seid nichts weiter als eine Bande von Kommunisten. Wir kommen, um euch endgültig zu beseitigen."
Hollons Dokument enthielt die Abschriften von sieben Sprachnachrichten an Engorons Büro, von denen die meisten wegen ihrer Vulgarität stark geschwärzt wurden. Das war aber offenbar nur ein sehr kleiner Teil der eingegangenen Botschaften. Laut der eidesstattlichen Erklärung umfassen die Drohabschriften mehr als 275 Seiten. Ein großer Teil der Angriffe richtet sich demnach gegen Engorons Gerichtsschreiberin. Diese werde täglich mit "belästigenden, verunglimpfenden Kommentaren und antisemitischen Sprüchen" konfrontiert. Nach eigener Aussage erhalte sie "täglich etwa 20 bis 30 Anrufe auf ihrem Mobiltelefon und etwa 30 bis 50 Nachrichten". Seit der vorübergehenden Aufhebung der Gag Order hätten die Drohungen wieder zugenommen und etwa die Hälfte davon seien antisemitisch.
Der Rechtsstreit um das Redeverbot für Trump und seine Anwälte ist Teil des zivilrechtlichen Betrugsverfahrens, das von der New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James gegen den Ex-Präsidenten, dessen Söhne Donald jr. und Eric sowie Mitarbeiter der Trump Organization angestrengt wurde. James wirft ihnen vor, über Jahre die Vermögenswerte des Konzerns manipuliert zu haben, um an bessere Konditionen für Kredite und Versicherungen zu kommen. Richter Engoron hatte dies vor dem Prozess bereits bestätigt – in dem Zivilverfahren geht es deshalb vor allem um die Festlegung möglicher Strafen. James fordert eine Geldstrafe in Höhe von 250 Millionen Dollar und ein Verbot für Trump und seine Söhne in dem Bundesstaat Unternehmen zu leiten.
Quellen: Courthouse News Service, Document Cloud, "Huffington Post", CNN