30 Abgeordnete aus der demokratischen Partei von US-Präsident Joe Biden haben ihren Brief zurückgezogen, in dem sie direkte Verhandlungen der USA mit Russland für ein rascheres Ende des Krieges anregten. Das Schreiben sei bereits "vor Monaten" verfasst und von Mitarbeitern "bedauerlicherweise" ohne Freigabe veröffentlicht worden, erklärte die Abgeordnete Pramila Jayapal am Dienstag.
Der Zeitpunkt sei ungünstig, da erst kürzlich die Republikaner im Repräsentantenhaus signalisiert hatten, im Falle ihres Wahlsiegs im November auf die Bremse bei den Ukraine-Hilfen treten zu wollen, schrieb sie. Das sei nicht die Position der Demokraten – habe aber unglücklicherweise danach ausgesehen. Deshalb ziehe man das Schreiben zurück.
Der am Montag veröffentlichte Brief war in den USA scharf kritisiert worden. Das Weiße Haus bekräftigte, man werde keine Verhandlungen mit Russland ohne Beteiligung der Ukraine führen.
Demokraten legten Biden Ukraine-Kurswechsel nahe
Die demokratischen Abgeordneten hatten in ihrem Brief zwar den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilt und die bisherige US-Hilfe für das Land gelobt, legten Biden aber zugleich eine Kursänderung nahe.
Es sei nötig, Unterstützung für die Ukraine mit proaktiven diplomatischen Vorstößen zu verbinden, um "einen realistischen Rahmen für eine Waffenruhe zu finden". Zu einem solchen Rahmen könne eine Lockerung der Sanktionen und Sicherheitsgarantien für eine freie und unabhängige Ukraine gehören, "die für alle Parteien akzeptabel sind, insbesondere die Ukrainer".
Jetzt schlug Jayapal einen anderen Ton an: "Jeder Krieg entdet mit Diplomatie – und so auch dieser, nach einem ukrainischen Sieg."
Unter den Unterzeichnern des Briefes fanden sich einige bekannte Abgeordnete wie Alexandria Ocasio-Cortez, Ilhan Omar und Jamie Raskin. Es war das erste Mal, dass eine größere Gruppe demokratischer Kongressmitglieder Änderungen an der Ukraine-Politik anregte.
"Ich würde ihn heute nicht mehr unterschreiben"
Der Brief stieß schnell auf Kritik auch in den Reihen der Demokraten, weil er als Zeichen gedeutet werden könnte, dass die USA nicht bedingungslos hinter der Ukraine stehen.
Eine der Unterzeichnerinnen, die Abgeordnete Sara Jacobs, erklärte im Kurzbotschaftendienst Twitter, sie habe den Brief Ende Juni unterschrieben. "Seitdem hat sich viel geändert. Ich würde ihn heute nicht mehr unterschreiben." Die USA müssten die Ukraine wirtschaftlich und militärisch unterstützen, damit Kiew in der Lage sei, den Krieg zu beenden.
Pramila Jayapal verwies nun in ihrer Ankündigung, das Schreiben zurückzuziehen, auch auf Äußerungen des Minderheitsführers der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy. Dieser hatte kürzlich gesagt, sollte seine Partei bei den Kongresswahlen am 8. November wie erwartet die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen, werde es keinen "Blankoscheck" mehr für die Ukraine geben.
Den Republikanern werden gute Chancen beigemessen, im November die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu erringen. Sie prangern im Wahlkampf unter anderem die hohe Inflation an, für die sie die Demokraten verantwortlich machen, während sie auch eine Folge des russischen Angriffskrieges ist.