Seit Monaten tritt Russland bei seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine auf der Stelle. Kriegsmüde scheint der russische Präsident Wladimir Putin aber noch nicht zu sein. Laut des US-amerikanischen Thinktanks "Institute for the Study of War" (ISW) will der Kreml die Niederlagen seiner Invasion vergessen machen und spiele deshalb drei groß angelegte Operationen durch, um die Initiative wieder zurückzuerlangen. Demnach hat Putin offenbar vor, "alle verfügbaren Ressourcen in einen großen konventionellen Krieg" gegen die Ukraine zu stecken.
US-Thinktank: Putin plant drei Großoperationen gegen die Ukraine – strategische Aktion in den nächsten sechs Monaten
Ziel sei es, die Reihe operativer Erfolge der Ukraine zu beenden und so eine Wende im Krieg herbeizuführen, so die US-Analysten. Bereits in den kommenden sechs Monaten soll eine solche strategische Aktion erfolgen. Die US-Experten halten in diesem Zusammenhang drei Szenarien für möglich:
1. Offensive in Luhansk
Bereits seit 2014 hält Russland die Region Luhansk im Osten der Ukraine zu großen Teilen besetzt. Die vollständige Eroberungen der Regionen Luhansk und Donezk sind nach wie vor offizielles Kriegsziel Russlands. Dies sei laut ISW "militärisch erreichbar", wenn auch "sehr herausfordernd". Die ukrainischen Streitkräfte kämpfen seit nunmehr fast einem Jahr unermüdlich – auch in der Ost-Ukraine. Ein schneller Rückzug ist somit kaum zu erwarten.
Ein Indiz, der für einen Angriff in Luhansk sprechen würde, sei die zuletzt gesteigerte Truppenverlegung in die Region, so das ISW. Zudem liegt das Gebiet vergleichsweise nahe der russischen Versorgungslinien. Rein logistisch sei eine Offensive hier am ehesten möglich, so die Analysten.
2. "Verteidigungsoperation" und Konterschlag gegen die Ukraine
Eine weiteres denkbares Szenario sei eine "Verteidigungsoperation" gegen einen im Frühjahr geplanten Angriff der Ukraine. Diesen könnte Russland versuchen, für sich selbst zu nutzen, um einen "großen Teil der mechanisierten ukrainischen Truppen" zu eliminieren und so durch eine Gegenoffensive die erschöpften ukrainischen Soldaten zurückzudrängen.
3. Offensive im Norden und Marsch auf Kiew
Die "gefährlichste" Operation sei eine groß angelegte Offensive im Norden der Ukraine und möglicherweise ein erneuter Versuch, Kiew einzunehmen. Das ISW sieht dieses Szenario zwar als "unwahrscheinlich aber nicht unmöglich". Damit dieser Angriff Erfolg verspricht, müsste wohl Belarus ein Teil der Planungen sein. Wie die "Bild" berichtet, habe der kürzlich eingesetzte Generalstabschef Valeri Gerassimow bereits seinen Stellvertreter in das verbündete Nachbarland entsandt, wo bereits 12.000 russische Soldaten stationiert sind. Dies sei ein Hinweis darauf, dass dort Kommandostrukturen aufgebaut werden, die eine Offensive möglich machen würden.
US-Experten warnen vor langfristiger Kriegsplanung Russlands
Ob die russische Armee tatsächlich in den kommenden sechs Monaten in der Lage ist, eine dieser Operationen erfolgreich durchzuführen, ist fraglich. Doch auch wenn sie scheitern sollten oder gar nicht erst durchgeführt werden, warnt das ISW vor den langfristigen Kriegsplanungen des Kreml. Demnach habe Putin bereits beauftragt, die russische Armee zu vergrößern und eine neue Division aufzustellen. So soll die Größe der Truppe von derzeit knapp 1,35 Millionen auf mindestens 1,5 Millionen Soldaten steigen. Ukrainische Geheimdiensten spekulieren, dass die Truppenstärke sogar auf zwei Millionen erhöht werden soll.
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Möglich machen würde dies eine erneute Teilmobilmachung in Russland, durch die hunderttausende Russen eingezogen werden könnten. Dies wäre ein langfristiger Ausbau des Militärs. Das ISW schreibt deshalb: "Auch wenn der Kreml eine große Operation in den kommenden sechs Monaten plant, ist dies nicht als letzter Versuch zu verstehen, die Kriegswende herbeizuführen. Auch wenn die Aktion scheitern würde, ist der Kreml bereit, einen langen Krieg gegen die Ukraine zu führen."
Quellen: Institute for the Study of War, Bild.de