Mit großer Skepsis sieht Militärexperte Carlo Masala die Vermittlungsbemühungen von Altbundeskanzler Gerhard Schröder im Ukraine-Krieg. Im stern-Podcast "Ukraine – die Lage" sagte Masala zu den Gesprächen von Schröder mit Russlands Präsident Wladimir Putin: "Übertrieben gesagt: Schröder ist Putins Angestellter. Ich glaube nicht, dass Putin auf seine Angestellten hören wird. Schröder hat für Putin die Funktion, in Deutschland und Europa mit seinen Kontakten für russische Interessen zu werben."
Aus russischer Perspektive gehe es in der Ukraine um eine übergeordnete Frage von nationaler Bedeutung, Präsident Putin werde sich da nicht von Schröder von seinem Kurs abbringen lassen. "Realistische Chancen gebe ich dem nicht", sagte der Politikprofessor von der Bundeswehruniversität München. Nach seinem Eindruck gehe es Schröder darum, "sein eigenes Erbe hier zu wahren, nachdem er so massiv in die Kritik geraten ist, nachdem er so isoliert wurde".
Militärexperte Masala: "Wir werden viel menschliches Leid sehen"
Masala sagte, es sei noch nicht klar, ob die direkten Gespräche zwischen Russland und der Ukraine den Weg zu einer Verhandlungslösung öffnen könnten. Mit Sicherheit aber würden die Kampfhandlungen fortgeführt. Die Umzingelung von Kiew sei zentral für die militärischen Ziele Russlands. Masala hält eine Belagerung der ukrainischen Hauptstadt für wahrscheinlich.
Zugleich würden die Bombenangriffe weitergehen. Einem solchen Druck könne die Stadt höchstens einige Wochen standhalten. "Wir werden viel menschliches Leid sehen", sagte er. Das werde zu einer stärkeren Verurteilung Russlands und eventuell zu neuen Sanktionen führen. Es werde aber auch den Druck auf die Ukraine erhöhen, in Verhandlungen zu einem Waffenstillstand und einer politischen Lösung zu kommen.

Dr. Carlo Masala ist Professor für Internationale Politik an der Bundeswehruniversität München.
Der Westen könne wenig tun. Spielraum gebe es noch bei der Lieferung von Waffensystemen. So könnten Aufklärungsradare den Artilleriebeschuss der Städte erschweren. Eine Wende im Krieg würden diese aber nicht bringen.