Umstrittenes Atomprogramm Iran hat den Bogen überspannt

Die Geduld des Westens mit dem unberechenbaren Iran ist vorbei: Das Mullahregime hat beim Poker um sein Atomprogramm überreizt, nun drohen härtere Sanktionen - im besten Fall.

In wenigen Tagen jährt sich zum 31. Mal der Tag der iranischen Revolution. Das Regime wird sich feiern und Ajatollah Khomeini huldigen, der 1979 den ungeliebten Schah mit Hilfe von monatelangen Massenprotesten vom Pfauenthron verjagt hat. Jetzt, drei Jahrzehnte später, ist das Land wieder in Aufruhr. Wieder gehen regelmäßig Zehntausende von Regierungsgegnern auf die Straße, auch zum anstehenden Jubiläum werden Demonstrationen erwartet. Und wie so oft in den vergangenen Monaten werden die Machthaber eisenhart durchgreifen. Appelle zur Mäßigung, zum Verzicht auf Gewalt, zum Dialog werden, wie so oft in den vergangenen Monaten, ungehört verhallen.

Die Mullahs verteidigen mit Händen und Füßen ihre Macht, wie ein waidwundes Tier beißen und kratzen sie, weil sie spüren, wie ihre Glaubwürdigkeit, ihr Einfluss und Ansehen schwinden. Das Regime ist am Ende, nur dank der berüchtigten Basidsch-Miliz, der regierungstreuen Prügeltruppe auf Motorrädern und einer willfährigen Justiz, die Todesurteile im Wochenrhythmus fällt, kann es sich im Amt halten.

In einem Punkt immerhin sind sich Regierung und Opposition einig. Ausgerechnet in einem, der seit Jahren den Iran immer mehr isoliert: Dass das Land Anspruch auf ein Atomprogramm hat. Zumindest was die zivile Nutzung der Nuklearenergie betrifft. Auch eine andere, gemäßigtere, weltoffenere Regierung würde daran festhalten, das betonen Oppositionspolitiker immer wieder. Doch so verläßlich die alten Männer in Teheran nach innen prügeln lassen, so unberechenbar geben sie sich nach außen in Sachen Atomprogramm. Seit Jahren schon spielt Präsident Mahmud Ahmadinedschad Katz und Maus mit der westlichen Welt, geht in Sachen Atomprogramm einen halben Schritt voraus, um noch während des Nachhalls des geäußerten Angebots zwei Schritte zurückzugehen.

Zehn weitere Urananreicherungsanlagen geplant

So jetzt wieder geschehen auf der Münchener Sicherheitskonferenz. Nur kurz währte die Freude über die Ansage Ahmadinedschads, die Uran-Anreicherung ins benachbarte Ausland zu verlagern. Es hätte der entscheidende Kompromiss im Atompoker sein können. Doch schnell machte Außenminister Manutschehr Mottaki klar, dass seine gestellten Bedingungen die Offerte ad absurdum führen würden. Und als wäre das nicht schon Affront genug gewesen, kündigte Irans Präsident wenig später an, die Urananreicherung erhöhen und zudem bald weitere zehn Anlagen in Betrieb nehmen zu wollen.

Doch an diesem Wochenende ist das Land zu weit gegangen. Es hat sich einmal zu oft der Sicherheit hingegeben, die uneinheitlichen Positionen des Westens gegeneinander ausspielen zu können. Bislang konnten Ahmadinedschad und der religiöse Führer des Irans, Ali Chamenei, darauf bauen, dass sich der UN-Sicherheitsrat über härtere Sanktionen nicht einig werden würde. Nun aber deutet sich an, dass eine "Gruppe williger Länder" wie Angela Merkel es nennt, auch ohne UN-Mandat schärfere Handelsbeschränkungen umsetzen wird. Die USA werden dabei sein, Deutschland auch und sicher Frankreich.

Militärschläge nicht länger ausgeschlossen

Sicher, Sanktionen allein haben den Iran bislang auch nicht vom Bau nuklearer Forschungsreaktoren abgehalten. Zudem verhindern die Lieferbeschränkungen unter anderem die Modernisierung bestehender Raffinerien - mit der Folge, dass das Land trotz seines Ölreichtums Benzin zukaufen muss - und die Treibstoffmisere vor allem die Bevölkerung trifft, anstelle der anvisierten Staatsführung.

Der Iran hat über Jahre hinweg das Spielchen mit der Unberechenbarkeit perfektioniert. Es wird Zeit, dass sich die Westmächte ebenfalls von ihrer "unzuverlässigen" Seite zeigen und klar machen, dass Sanktionen zwar ein erster Schritt sind, das Land zum Einlenken zu bewegen, aber nicht der letzte. Eine Großmacht wie die USA tut deshalb gut daran, die Drohkulisse um eine neue Ebene zu erweitern und Militärschläge gegen die Atominfrastruktur nicht länger auszuschließen, wie es ein erboster US-Senator Joe Liebermann nun getan hat. Das muss mittlerweile erlaubt sein. Die Mullahs jedenfalls dürfen nicht das Gefühl haben, dass die internationale Gemeinschaft nur ein Debattierklub ist, der die Konfrontation scheut.