Bei den Kämpfen rund um die libysche Ölstadt Ras Lanuf gewinnen die Truppen von Machthaber Muammar al Gaddafi nach Angaben der Rebellen zunehmend die Oberhand. Die Aufständischen hätten sich nach Bombardierungen in der Nacht 20 Kilometer vom Stadtrand zurückgezogen, sagte ein Rebellen-Offizier am Samstag.
Auch in anderen Städten stellten sich die Rebellen auf neue Vorstöße der Gaddafi-Truppen ein, etwa in der 300.000 Einwohner zählenden Stadt Misrata gut 200 Kilometer östlich von Tripolis. "Wir wissen, dass seine Streitkräfte Misrata von allen Seiten umzingelt haben. Sie sind 15 bis 20 Kilometer mit ihren Panzern und schweren Waffen vom Stadtzentrum entfernt", sagte der Aufständische Mohammed Ahmed der Nachrichtenagentur Reuters in einem Telefongespräch. "Wir machen uns auf ein Massaker gefasst."
Rebellen fordern humanitäre Hilfe
Ein Sprecher der Rebellen sagte, die Kampfmoral der Aufständischen sei trotz der Rückeroberung Sawijas westlich von Tripolis durch Gaddafi-Truppen hoch. "Das, was in Sawija passiert ist, betrachten wir nicht als Niederlage. Das sind neue Verbrechen gegen die Menschlichkeit, verübt von Gaddafis Truppen, die alle ihnen zur Verfügung stehenden Waffen nutzen." Die Rebellen in Misrata seien auf einen Angriff vorbereitet. "Wir werden allen Regionen in Libyen die Hoffnung zurückgeben." Das Leben in Misrata habe sich wieder normalisiert. Es mangele lediglich an Medikamenten. "Wir rufen dringend zur humanitären Hilfe auf." Es war nicht möglich, die Darstellungen unabhängig zu überprüfen.
Ahmed sagte, die Rebellen fühlten sich zunehmend von den Weltmächten im Stich gelassen. Diese haben zwar den diplomatischen Druck auf Gaddafi erhöht, konkrete militärische Schritte, etwa die Einrichtung einer von den Rebellen als notwendig erachteten Flugverbotszone, zeichnen sich derzeit aber nicht ab. "Die Kämpfer hier und die Bevölkerung von Misrata machen die internationale Gemeinschaft verantwortlich für den Fall Sawijas und für all die Getöteten. Gaddafi ist verantwortlich, aber sie sind Komplizen", sagte Ahmed. "Wir kümmern sie nicht. Alles, worum sie sich kümmern, ist das Öl und es scheint, als ob sie nur abwarten, um zu sehen, wer gewinnen wird."
Arabische Liga berät über Flugverbotszone
Die Außenminister der Arabischen Liga haben unterdessen in Kairo Beratungen über die Lage in Libyen aufgenommen. Beobachter rechnen mit schwierigen Diskussionen über die Einrichtung einer Flugverbotszone, obwohl sich Liga-Generalsekretär Amr Mussa und die Golfstaaten zuvor ausdrücklich für eine solche Maßnahme ausgesprochen hatten. Für den Abend wurde am Sitz der Liga in Kairo eine Pressekonferenz angekündigt.
Widerspruch gegen eine Flugverbotszone über Libyen äußerten Länder wie Syrien, die darin eine "ausländische Einmischung" in arabische Angelegenheiten erblicken. Liga-Generalsekretär Mussa befürwortete hingegen eine derartige Maßnahme, die notfalls mit Waffengewalt durchgesetzt werden müsste und die Aufständischen vor Luftangriffen des Regimes schützen würde. In einem Interview des "Spiegel" bezeichnete er dies als eine "humanitäre Aktion" gegen das Regime von Al-Gaddafi.
Die Zustimmung der Liga zu einer Flugverbotszone gilt in der EU als unabdingbar. Brüssel sieht die Bedingungen für ein militärisches Eingreifen noch nicht erfüllt. Auch in Washington wird weiter über militärische Optionen nachgedacht.