China hat als Reaktion auf die Unruhen in Tibet einen "Volkskrieg gegen den Separatismus" ausgerufen. Die Sicherheitsvorkehrungen in der Region müssten verschärft und die Unterstützung für den Dalai Lama untergraben werden, beschloss ein Treffen hochrangiger chinesischer Regional- und Sicherheitsbeamter, wie die amtliche Zeitung "Tibet Daily" am Sonntag berichtete.
Die chinesischen Behörden haben zudem die Kontrollen entlang der Grenze zu Nepal verstärkt. Zudem bat die Regierung in Peking den Himalaya-Staat, wachsam gegenüber Protestaktionen tibetischer Exilgruppen zu sein, sagte der Leiter der nepalesischen Grenzbehörde in der Region Sidhupalchowk, Kailash Nath Kharel. Es habe bereits in der vergangenen Woche Konsultationen mit der chinesischen Grenzsicherung gegeben. Die Chinesen hätten darum gebeten, jeden Versuch protibetischer Gruppen zu unterbinden, die Grenze zu überschreiten.
In einer Erklärung hätte chinesische Sicherheitsbeamte bei dem Treffen tags zuvor "reaktionäre separatistische Kräfte" aus dem In- und Ausland für die Proteste verantwortlich gemacht, die sorgfältig geplant gewesen seien. Es gelte, das bösartige Vorgehen dieser Kräfte offenzulegen, zitierte "Tibet Daily" aus den Beschlüssen. An dem Treffen nahm unter anderem der als Hardliner geltende Chef der Kommunistischen Partei in Tibet, Zhang Qingli, teil. Der Zeitung zufolge will die Regierung in Peking auch mit Hilfe regimetreuer buddhistischer Mönche gegen die Proteste und gegen den im Exil lebenden Dalai Lama Stimmung machen, den die Tibeter als ihr geistliches Oberhaupt verehren.
Besorgnis im Ausland
Die USA äußerten sich besorgt über die Entwicklung. Es sei bedenklich, dass die Gewalt offenbar andauere und es Berichte über eine massive Erhöhung der Polizei- und Militärpräsenz in der tibetischen Hauptstadt Lhasa gebe, sagte Außenministerin Condoleezza Rice.
Einwohner Lhasas berichteten am Sonntag, Sicherheitskräfte zeigten auf den Straßen der tibetischen Hauptstadt Präsenz und kontrollierten die Häuser der einheimischen Bevölkerung. Ein im Ausland lebender Tibeter sagte, ein Augenzeuge in Lhasa habe in einem einzigen Leichenschauhaus 67 Tote gesehen. Dabei handle es sich um Opfer der Zusammenstöße oder des anschließenden Vorgehens der Sicherheitskräfte. "Er hat sie mit seinen eigenen Augen gesehen", sagte der Auslands-Tibeter. Eine Geschäftsfrau sagte am Telefon: "Wir wagen uns unter keinen Umständen aus dem Haus. Es ist zu unruhig."
Mehrtägige Demonstrationen zum 49. Jahrestag des gescheiterten Aufstands gegen die chinesische Herrschaft in Tibet waren am Freitag in gewaltsame Unruhen umgeschlagen. China warf den Demonstranten vor, sie hätten in Schulen, Krankenhäusern und Geschäften Brände gelegt und dabei zehn Menschen getötet. Die tibetische Exilregierung in Nordindien sprach von rund 30 Menschen, die bei Zusammenstößen mit den chinesischen Behörden ums Leben gekommen seien. Der Dalai Lama rief China auf, keine Gewalt gegen die Demonstranten anzuwenden. Seine Vertreter haben Vorwürfe, sie steckten hinter dem Protesten, als lächerlich zurückgewiesen.
Der religiöse Führer der Tibeter, der Dalai Lama, fürchtet noch mehr Blutvergießen in seiner Heimat. Dennoch erklärte er in einem Interview des britischen Senders BBC seine Unterstützung für die Olympischen Spiele in Peking in diesem Sommer. Sie seien immer noch eine Gelegenheit für China, Unterstützung für die Freiheit der Menschen zu demonstrieren. Er habe aber "große Sorge", dass die blutigen Auseinandersetzungen in Lhasa wieder aufflammen. Er war China vor, in seiner tibetischen Heimat einen "kulturellen Völkermord" zu begehen. Der religiöse Führer der Tibeter sagte, er wolle das eine angesehene internationale Organisation die Lage in Tibet untersuche.
Wenn die Regierung in Peking ihre Politik in dem von ihr kontrollierten Tibet nicht ändere, fürchte er, dass dort noch mehr Menschen umkommen, sagte der Dalai Lama laut BBC. Er habe Berichte aus Tibet erhalten, wonach bei den Unruhen der letzten Tage bis zu 100 Demonstranten getötet wurden. Allerdings könne diese Zahl nicht überprüft werden. Die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua sprach am Sonntag unverändert von zehn Toten.