Die Hurrikans "Katrina" und "Rita" haben die Energieverschwendung in den USA ins Rampenlicht gerückt. Im Golf von Mexico sind erst rund sieben Prozent der dort üblichen Ölförderung wieder angelaufen. Ein Viertel der Raffinerien arbeitet nicht. Die Benzinpreise sind für Amerikaner in nie da gewesene Höhen geschnellt. Rund 66 europäische Cent pro Liter empfinden sie als unerhört. Im nahenden Winter kommt es noch dicker: um 34 Prozent dürften die Heizölrechnungen steigen, warnt das Energieministerium, die Stromrechnungen um elf Prozent.
"Wir können alle etwas beitragen, um Energie zu sparen", sagt US-Präsident George W. Bush nun. Im Weißen Haus lässt er das Thermostat der Klimaanlage höher stellen und die Lichter früher ausknipsen. Abends müssen Computer und Faxgeräte künftig ausgeschaltet werden, und wer auf sein Auto verzichtet, bekommt eine Gratiskarte für die U-Bahn. Nach jahrelanger hemmungloser Konsumbotschaft hat Bush offenbar die Kehrtwende zum Energiesparer vollzogen.
Mieses Schwein in Lederjacke
Allerdings überlässt er die Botschaft weitgehend einer Schweinebande. "Boss Hogg" mit Bürstenschnitt, "Mork Pork" mit Nasenring und sechs Kameradenschweine sind seit Montag in den USA im Einsatz, um die Menschen zum Energiesparen zu ermuntern. Im Radio und Fernsehen laufen demnächst Werbespots. Eine Zeichentrickfamilie spürt in ihrem Haus ein mieses Schwein in Lederjacke auf, das Energie klaut, und wirft es hinaus. Auf der Internetseite energyhog.org (hog = Schwein) kann spielend Jagd auf Energieverschwenderschweine gemacht werden. "Alte Glühbirnen durch Energiesparbirnen zu ersetzen spart Strom!", ist da zu lernen, und "Im Bad wird heißes Wasser verschwendet!"
Bush, der aus dem Ölgeschäft in Texas kommt, hat die USA vor allem als Land der unbegrenzten Möglichkeiten verkörpert. Ölknappheit war lästig, Energiesparen auch. Sein Rezept: mehr Öl fördern, zum Beispiel im Naturschutzgebiet von Alaska, und mehr Raffinerien bauen. In den USA leben weniger als fünf Prozent der Weltbevölkerung, doch verbrauchte das Land etwa 2004 nach der jüngsten BP-Ölstatistik 24,9 Prozent der weltweiten Ölmenge. Bushs Stellvertreter Richard Cheney, der sein Millionenvermögen auch im Ölgeschäft machte, tat Energiesparen noch vor vier Jahren als "vielleicht ein Zeichen persönlicher Tugend" ab. Noch im September kündigte Verkehrsminister Norman Mineta ein paar neue Auflagen für den Treibstoffverbrauch von Autos an. Bis 2011 soll das 37 Milliarden Liter sparen. Das hört sich viel an, entspricht aber gerade dem, was Amerikaner in 25 Tagen verfahren.
<zwitii>"Langsamer fahren, Reifen aufpumpen, Motor warten"
Mit "Katrina" und "Rita" ist nun alles anders geworden. Bush hat die ganze Regierungsmannschaft aufs Energiesparen eingeschworenen. Sämtliche Ministerien müssen in einem Monat Rechenschaft ablegen, was sie getan haben. "Langsamer fahren, Reifen aufpumpen, Motor warten", rät Energieminister Samuel Bodman. Dennoch rollte Bush in einer Karawane aus zwei Limousinen, drei Großraumwagen, sechs Geländewagen und einem Krankenwagen zum Energieministerium, um seine Botschaft zu verkünden. "Weniger als sonst", sagt das Weiße Haus. Und auf seine "Air Force One" - Flugbenzinkosten: rund 6000 Dollar pro Stunde - will der Präsident aus Sicherheitsgründen auch nicht verzichten.