Sie heißt "Baby Louis". Sie ist etwas ganz besonders wertvolles und bekommt deshalb auch eine Extra-Behandlung. Zum Beispiel einen eigenen Sitzplatz im Flugzeug. Direkt neben Mama. Baby Louis ist eine Tasche. Eine Handtasche. Von Edel-Designer Louis Vutton. Und ihre Mama - respektive Besitzerin - ist Judith Giuliani, Frau von Rudy Giuliani, der sich gerade darum bemüht, von seiner republikanischen Partei als US-Präsidentschaftskandidat aufgestellt zu werden. Und während der ehemalige Bürgermeister von New York mit seinen Konkurrenten über illegale Einwanderung und den Irak-Krieg diskutiert, schmunzelt und wundert sich halb Amerika über den exzentrischen Lebensstil seiner glamourösen Ehefrau.
Intaktes Eheleben ist den Wählern wichtig
Doch Rudy Giuliani hat Glück. Er ist nicht das einzige, dessen Eheleben derzeit in den US-Medien breitgetreten wird. Denn es ist Wahlkampf in den USA. Die politischen Sommerferien sind vorbei und nun geht der Kampf um die Nominierung für die Präsidentschaftswahlen bei beiden Parteien in die entscheidende Phase. Die Kandidaten geben hunderte Millionen Dollar aus, um die Wähler in TV-Werbespots, Zeitungsanzeigen oder bei Diskussionen von ihren Positionen zu überzeugen. Doch so wichtig den Amerikanern die Einstellung der Politiker zur Terrorismusbekämpfung oder zu Steuersenkungen auch ist, mindestens ebenso achten sie auf deren persönlichen Charaktereigenschaften. Dabei spielen die Ehegatten der Kandidaten eine große Rolle. Denn viele Amerikaner legen einen sehr großen Wert auf ein intaktes und traditionelles Familienleben und verlangen dies auch von ihrer "First Family".
Es wird Rudy Giuliani deshalb nicht gefallen haben, was er - neben der "Baby-Louis"-Anekdote - kürzlich in der "Vanity-Fair" über sich und seine 52-jährige Frau lesen musste. Unter der Überschrift "Giulianis Prinzessinnen Braut" weidet sich das People-Magazin genüsslich an den schmierigen Details ihrer Ehe und der bewegten Biographie von Judith. Die nannte sich übrigens früher Judi, doch seitdem sie sich in den höheren Kreisen bewegt, lässt sie sich - auch zur Überraschung ihrer Eltern - nur noch mit ihrem vollen Namen Judith anreden.
Diese Judith scheint eine durch und durch luxussüchtige Diva zu sein. Eine Bekannte sagte der Vanity Fair: "Wenn ich sie sehe, ist sie nur an meinem Schmuck interessiert und wo ich meine Kleidung kaufe." Zudem scheint diese Dame alles für den sozialen Aufstieg zu tun. Auf ihrem Weg aus ihrer Heimat, einem Kaff in Pennsylvania, in die Weltstadt New York hat die gelernte Krankenschwester Judith Ann Stish zwei Ehemänner verschlissen. Und um sich ihren jetzigen Gefährten zu angeln, ließ sie sich auch nicht davon abhalten, dass der noch verheiratet war. Der notorische Schürzenjäger Rudy Giuliani war den Anbandlungen nicht abgeneigt und ließ das gemeinsame Liebesnest angeblich sogar von Detektiven überwachen. Seine damalige Frau Donna informierte Rudy Giuliani dann bei einer Pressekonferenz ein Jahr später vom Ende ihrer Ehe, seiner zweiten.
Der Weiberheld als Hoffnungsträger
Hang zum Luxus, Ehebruch und mehrfache Hochzeiten: Die Geschichte der Guilianis hört sich eher nach Hollywood an als nach einem drögen Politikerdasein. Ob der Fließbandarbeiter von General Motors in Detroit oder der gottesfürchtige Farmer in Kansas ein solches Paar im Weißen Haus sehen will? Der einflussreiche streng-konservative Flügel der Republikaner ist jedenfalls nicht sehr glücklich mit dem Kandidaten Giuliani. Aber auch einige von dessen republikanischen Widersachern haben keineswegs eine blütenweiße Eheweste. So hat Senator John McCain zugegeben, mit seiner jetzigen Frau Cindy eine Affäre gehabt zu haben, als er noch mit Carol, einem Model und Mutter seiner Tochter Sidney, verheiratet war.
Der neue Hoffnungsträger der Republikaner heißt Fred Thompson. Der ehemalige Hollywood-Schauspieler hat sich kürzlich nach monatelanger Hängepartie zu seiner Kandidatur bekannt. Und er hat gute Chancen, gilt er doch als der Bewerber, der die konservativen Werte der Grand Old Party besser als die bisherigen Favoriten Giuliani oder McCain vertreten kann.
Aber Thompson ist als Weiberheld verschrien und ist bereits zum zweiten Mal verheiratet. Seit 2002 ist Jeri Thompson die Frau an seiner Seite. Und was für ein Bild die frühere Anwältin abgibt. Mit figurbetonenden, oft tief dekolletierten Kleidern begleitet die 40-jährige Blondine aus Nebraska ihren 25 Jahre älteren Mann, mit dem sie zwei Kinder hat, bei seinen Auftritten. In den amerikanischen Medien wird von ihr oft nur als der "Trophy Wife" - der "Trophäen-Gattin" gesprochen. Doch so sehr Jeri mit ihrem Aussehen die - für den Wahlkampf wichtige - Medienaufmerksamkeit auf die Kandidatur ihres Gatten lenkt, sogar Unterstützer Thompsons rümpfen mittlerweile die Nase. Um die konservativen Wähler nicht noch weiter zu verschrecken, solle sich Frau Thompson doch bitte ein bisschen züchtiger kleiden.
Die starken Frauen der Demokraten
Von solchen Schlagzeilen bleiben die Demokraten bislang verschont. Zwar wird Hillary Clinton auch nach Jahren immer noch mit den Sex-Skandalen ihres Ehemanns Bill konfrontiert. Und auch wenn viele konservative Wähler sich eher eine Hand abhacken würden, anstatt ein Kreuz bei einem Clinton zu machen: Solange sich der notorische Frauenschwarm Bill zurückhält und keine neuen pikanten Details aus dem Eheleben der Clintons bekannt werden, bleibt Hillary die Top-Favoritin bei den Demokraten. Und das, obwohl die Ehen ihrer beiden Hauptkonkurrenten John Edwards und Barack Obama eher nach dem Geschmack der meisten Amerikaner sind. Außereheliche Affären: bislang Fehlanzeige.
Sowohl Elizabeth Edwards als auch Michelle Obama sorgen nicht durch ihr Aussehen oder ihr glamouröses Leben sondern durch ihre starke Persönlichkeit für Schlagzeilen. Elizabeth Edwards, die seit 30 Jahren mit ihrer Studiumsliebe John verheiratet ist, wurde jüngst sogar in die Liste der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten des "Time"-Magazins aufgenommen. Die 58-jährige Ex-Anwältin ist eine treibende Kraft in der Präsidentschaftskampagne ihres Mannes, und manch ein politischer Kommentator hält sie sogar für die bessere Kandidatin. Insbesondere ihr Bestseller "Saving Graces", in dem sie über ihren Kampf gegen den Brustkrebs und den Tod ihres Sohnes Wade berichtet, haben ihr nationale Anerkennung gebracht.
Ein unabhängiger, kritischer und streitbarer Geist ist auch Michelle Obama. Die großgewachsene, durchtrainierte Anwältin könnte die erste schwarze Frau im Weißen Haus werden. Und nicht nur das würde sie von vielen ihren Vorgängerinnen unterscheiden. Sie ist nicht der Typ Heimchen, wäre keine stille zurückhaltende First Lady wie die momentane Hausherrin Laura Bush. Michelle Obama ist eine selbstbewusste Karrierefrau, die trotz zweier Kinder lange wesentlich mehr verdiente als ihr Gatte, mit dem sie seit 1992 verheiratet ist. Erst vor kurzem hat die 43-jährige Harvard-Absolventin zähneknirschend ihren Job als Krankenhausmanagerin aufgegeben, um die Präsidentschaftskandidatur ihres Mannes zu unterstützen. Doch trotzdem wird der Kandidat Barack auch in Zukunft mit beißendem Spott seiner Frau rechnen müssen. Sagt die doch von sich: "Ich habe eine laute Klappe, ich ziehe meinen Mann auf. Er ist sehr wohl in der Lage, mit einer starken Frau umzugehen. Mit mir klarzukommen ist einer der Gründe, warum er zum Präsidenten taugt."
Die kommenden Monate werden zeigen, ob die US-Wähler diese Einschätzung von Michelle Obama teilen. Oder ob sie doch lieber das Glamour-Ehepaar Giuliani ins Weiße Haus einziehen lassen wollen. Ein Sitzplatz für "Baby Louis" wäre in der Air Force One sicher frei.