Der amerikanische Vizepräsident Dick Cheney ist zu einem aus Sicherheitsgründen vorab nicht angekündigten Besuch im Irak eingetroffen. Dort hält sich bereits der republikanische US-Präsidentschaftskandidat John McCain auf. Ein Regierungssprecher in Bagdad sage, McCain habe mit Ministerpräsident Nuri al-Maliki über die jüngsten innenpolitischen Entwicklungen und über Sicherheitsfragen gesprochen. McCain gehört zu den Befürwortern des Irak-Krieges. Er hatte sich schon frühzeitig für eine Aufstockung der US-Truppen ausgesprochen.
Cheney wollte in der abgesperrten "Grünen Zone" von Bagdad mehr oder weniger die gleichen Gesprächspartner treffen wie McCain. Der Nachrichtensender Al-Arabija berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, kurz nach Ankunft Cheneys hätten Unbekannte eine Katjuscha-Rakete auf die Sicherheitszone im Herzen der Hauptstadt abgefeuert. Über mögliche Opfer oder Schäden wurde nichts bekannt. Der Besuch des Vizepräsidenten und des Präsidentschaftskandidaten fällt fast mit dem 5. Jahrestag des Beginns der von den US-Truppen angeführten Invasion im Irak am 20. März 2003 zusammen. Dieses Datum ist allerdings für die irakische Regierung, die ohne die Invasion heute wohl nicht an der Macht wäre, kein Grund für Feierstunden. Cheney will in den kommenden Tagen noch weitere Staaten der Region besuchen, darunter die Türkei und Saudi-Arabien. McCain wird am Dienstag in Jordanien erwartet.
IKRK kritisiert humanitäre Situation im Irak
Nach Einschätzung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) ist der Irak fünf Jahre nach dem Beginn des Irak-Kriegs in einer desolaten humanitären Lage. Viele Iraker hätten keinen Zugang zu grundlegender Gesundheitsversorgung, sanitären Einrichtungen und sauberem Wasser, hieß es in einem Bericht. In irakischen Krankenhäusern fehlen demnach qualifiziertes Personal, wichtige Medikamente und tausende Betten. Irakischen Schätzungen zufolge seien seit 2003 mehr als 2.200 Ärzte und Krankenschwestern getötet und mehr als 250 entführt worden, erklärte das IKRK weiter. Von den 1990 registrierten 34.000 Medizinern hätten mindestens 20.000 ihre Heimat verlassen. In öffentlichen Kliniken gibt es dem Bericht zufolge nur 30.000 Betten, gebraucht werden 80.000.
Die Behandlung in Privatkliniken können sich die meisten Iraker nicht leisten: Ärztliche Beratung kostet dort umgerechnet zwischen 1,30 und 4,50 Euro - der Tagesverdienst eines Irakers liegt bei rund 3,20 Euro. Im vergangenen Jahr habe sich außerdem die Wasserversorgung deutlich verschlechtert, heißt es weiter. Vielfach seien Versorgungsengpässe zu beklagen, und Millionen Menschen seien auf Wasser von schlechter Qualität angewiesen. Familien, in denen eine Person den Lebensunterhalt verdient, geben dem IKRK zufolge ein Drittel des Einkommens für Wasser aus. Während sich die Sicherheitslage in einigen Landesteilen verbessert habe, müsse der Grundversorgung der Bevölkerung mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, mahnte das IKRK.