Der konservative Kandidat Nicolas Sarkozy hat die Präsidentenwahl in Frankreich laut ersten Hochrechnungen gewonnen. Danach kam Sarkozy auf 53 Prozent der Stimmen, seine sozialistische Rivalin Segolene Royal auf etwa 47 Prozent, wie französische Fernsehsender nach Schließung der letzten Wahllokale am Sonntagabend berichtete.
Sieg des konservativen Lagers
Nach der zwölfjährigen Regierungszeit von Präsident Jacques Chirac verteidigte Sarkozy mit seinem Einzug in den Elysee-Palast das wichtigste Amt im Staat für das konservative Lager. Der 52-jährige von Gegnern als Polarisierer kritisierte Politiker hatte in Umfragen seit Monaten vorn gelegen. Royal versuchte im Wahlkampf zuletzt mit heftigen Attacken vergeblich, das Blatt noch zu wenden.
Bei der Wahl zeichnete sich eine hohe Beteiligung ab, die sogar die knapp 84 Prozent aus der ersten Wahlrunde noch übertreffen könnte. Vor zwei Wochen hatten sich Sarkozy als Wahlsieger und Royal als Zweitplatzierte gegen zehn Konkurrenten durchgesetzt.
Royal auf Tauchstation
Bereits Stunden vor Schließung der Wahllokale waren über belgische Medien erste inoffizielle Prognosen bekannt geworden, mit denen sich ein klarer Sieg Sarkozys abzeichnete. Bevor die ersten Prognosen in Frankreich über die Bildschirme flimmerten, stimmten sich die Anhänger des konservativen Kandidaten in Paris mit dem Ruf "Wir haben gewonnen" auf eine rauschende Wahlnacht ein. Anders die Stimmung in der sozialistischen Parteizentrale: Dort vermieden die Berater Royals zuletzt jeden Kontakt mit Journalisten, als sich die drohende Niederlage abzeichnete.
Im Wahlkampfendspurt attackierten sich die beiden Kontrahenten in einer bislang nicht gekannten Schärfe. Sarkozy warf seiner sozialistischen Konkurrentin am Samstag vor, sie habe aus Verzweiflung die fundamentalen Regeln der Demokratie mit "kriegsähnlicher Sprache" verletzt. Die 53-jährige Sozialistin hatte in einem Rundfunkinterview gewarnt, falls Sarkozy zum Präsidenten gewählt werde, könnte es zu Gewaltausbrüchen kommen.
Alle Franzosen mobilisiert
Sie spielte damit auf die umstrittenen Äußerungen des früheren Innenministers während der Vorstadtunruhe Ende 2005 an, als Sarkozy gewaltbereite Einwanderer als Gesindel bezeichnete und viele Immigranten damit gegen sich aufbrachte. Bereits bei einem Fernsehduell hatte Royal ihrem Konkurrenten hart zugesetzt, war in Umfragen jedoch nicht als Sieger der Redeschlacht hervorgegangen. Royal konnte für sich jedoch bereits den Einzug in die Stichwahl als persönlichen Erfolg verbuchen, nachdem ihr Vorgänger Lionel Jospin bei der Wahl 2002 völlig überraschend bereits in der ersten Runde ausgeschieden und der rechtsextreme Jean-Marie Le Pen in die Stichwahl gegen Chirac gekommen war.
Der Nachfolger des 74-jährigen Amtsinhabers erbt ein stark reformbedürftiges Land. Das Wachstum ist schleppend, der Arbeitsmarkt in schlechter Verfassung. Zwar ist Frankreich die zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone, hat ein Veto-Recht im UN-Sicherheitsrat und ist eine Atommacht. Die Gesellschaft aber ist zersplittert, Wirtschaftsreformen sind überfällig, die Schulden hoch. Sarkozy, der als Wunschkandidat der Wirtschaft gilt, will vor allem den Arbeitsmarkt reformieren und so das Wirtschaftswachstum ankurbeln.
Machtvolles Amt
Der französische Präsident, der für fünf Jahre gewählt wird, hat weit reichende Kompetenzen. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, ernennt den Ministerpräsidenten und hat das Recht, das Parlament, die Nationalversammlung, aufzulösen. Zudem ist er für die Außen- und Verteidigungspolitik zuständig. Wenngleich die beiden Bewerber sehr unterschiedliche Pläne haben, gilt es als unwahrscheinlich, dass sich der von Chirac geprägte außenpolitische Akzent grob verschieben wird. Jedoch steht Sarkozy den USA näher als Royal. Zudem ist er strikt gegen einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union (EU).
Dies unterscheidet ihn von seinem Vorgänger, der trotz einer skeptischen Haltung die Tür für einen Beitritt des Landes offen gehalten hatte. International sorgte Chirac vor allem für Aufsehen, als er sich neben Altkanzler Gerhard Schröder zum Wortführer der Gegner einer Invasion im Irak machte und sich damit direkt gegen US-Präsident George W. Bush stellte. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat als CDU-Vorsitzende die politische Nähe zu Sarkozy unterstrichen, sich im Wahlkampf aber neutral gezeigt. Die Amtszeit von Chirac endet offiziell am 16. Mai.
Programm für die ersten 100 Tage
In der ersten Woche nach seiner Amtsübernahme will Nicolas Sarkozy am 16. Mai nach Berlin und Brüssel reisen. Im Juli soll das neue Parlament, das im Juni gewählt wird, auf einer Sondersitzung Kernpunkte seines Programms beschließen: Abschaffung der Sozialabgaben und Steuern auf Überstunden, schärfere Bestimmungen bei der Familienzusammenführung in der Einwanderungspolitik, höhere Strafen für rückfällige Straftäter. Noch in diesem Jahr will Sarkozy hohe Abfindungen für Manager gesetzlich verbieten und bei Streiks der Bahn und im öffentlichen Nahverkehr einen Minimalservice zwingend vorschreiben. Der konservative Politiker hat zudem angekündigt, umgehend die Sozialpartner zu Gipfeltreffen im September zu den Themen Arbeitsrecht, Gleichstellung von Mann und Frau im Berufsleben und soziale Demokratie einzuladen. Im gleichen Monat soll ein runder Tisch mit NGOs, Gewerkschaften und Industrie zum Thema Umwelt stattfinden.