Bei der Parlamentswahl in Iran haben offenbar doch mehr Menschen ihre Stimme abgegeben, als die Reformbewegung dies erhofft hatte. Nach amtlichen Schätzungen haben etwa 40 Prozent der Stimmberechtigten an der Wahl teilgenommen. Das Innenministerium nannte diese Zahl am Samstag, nachdem die Beteiligung in gut der Hälfte der 207 Stimmbezirke feststand. Dies ist ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Anteil von 67,2 Prozent vor vier Jahren. Die Reformbewegung, die zum Wahlboykott aufgerufen hatte, hatte sich eine noch geringere Beteiligung erhofft, sah sich von dem Trend jedoch bestätigt.
Diskrepanz zwischen Städten und ländlichen Regionen
Der konservative Wächterrat hatte zuvor noch erklärt, es seien diesmal sogar noch mehr Stimmen abgegeben worden als vor vier Jahren. Dies wurde von den Reformern umgehend bestritten. Deutlich war Hochrechnungen zufolge eine Diskrepanz zwischen dem Wahlverhalten in den Städten und den ländlichen Regionen.
Erste offizielle Zahlen zeigten eine Beteiligung von 59 Prozent in Neischabur und von 82 Prozent in der Region Chaft nahe der afghanischen Grenze, wie die amtliche Nachrichtenagentur IRNA meldete. In Teheran gingen nach inoffiziellen Schätzungen etwa 35 Prozent der Stimmberechtigten zur Wahl, vor vier Jahren waren es 42 Prozent.
Bei der Wahl 2000 hatten die Reformer einen erdrutschartigen Sieg errungen. Diesmal stand eine Rückeroberung des Parlaments durch die Hardliner an, da die meisten reformorientierten Politiker entweder von der Wahl ausgeschlossen waren oder sie boykottiert hatten. Ersten Ergebnissen zufolge konnten sich in den Wahlkreisen vor allem streng konservative Kandidaten durchsetzen.
2.400 Kandidaten nicht zugelassen
Unter den rund 4.500 Kandidaten für die 290 Parlamentssitze waren letztlich weniger als 250 prominente Reformer. Der Wächterrat hatte mehr als 2.400 Kandidaten nicht zur Wahl zugelassen, was die Boykottaufrufe auslöste. Die Reformer hofften, damit zumindest einen symbolischen Sieg über die Konservativen zu erringen.
Die Öffnungszeit der Wahllokale wurde am Freitagabend mehrmals verlängert. Sie schlossen dann vier Stunden später als geplant um 22.00 Uhr (19.30 Uhr MEZ). Die Ausdehnung der Wahlzeit wurde als Versuch der Regierung gewertet, doch noch eine möglichst hohe Beteiligung zu erreichen.