Wahlen in Nigeria Kampf der Generäle

Vier Jahre nach dem Ende der Militärdiktatur haben Politiker mit zivilem Hintergrund in Nigeria noch immer wenig Aussichten. So geht Amtsinhaber Olusegun Obasanjo trotz vieler gebrochener Wahlversprechen als chancenreichster Kandidat ins Rennen um das Präsidentenamt.

Nigerias Generäle kämpfen. Vier pensionierte Ex-Militärs wollen die Präsidentschaftswahl des westafrikanischen Staates am kommenden Samstag gewinnen. Die vier Favoriten zeigen: Vier Jahre nach Ende der Militärdiktatur haben Politiker mit zivilem Hintergrund in Nigeria noch immer wenig Aussichten. Nach den hohen Gewinnen seiner regierenden Demokratischen Volkspartei (PDP) bei der Parlamentswahl am Samstag hofft Präsident Olusegun Obasanjo nun abermals auf den Sieg.

Beobachter sehen ihn trotz vieler gebrochener Wahlversprechen als chancenreichsten Kandidaten an. «Er ist wie ein stabiler Baum im verworrenen Wald», meint der politische Analytiker Bole Opefeitan von der Tageszeitung «Nigerian Tribune». Der 66-jährige Obasanjo hatte den Ölstaat mit 120 Millionen Einwohnern im Mai 1999 nach 15 Jahren Militärdiktatur zur Demokratie geführt. Seine Ziele: wirtschaftliche und soziale Stabilität in einem harmonischen Vielvölkerstaat, Zersplitterung des mächtigen Militärapparates und Bekämpfung der Korruption.

Selten so arm wie zur Zeit

Doch die letzten Jahre haben den ehemaligen Armeegeneral nicht weitergebracht: «Die Arbeitslosigkeit steigt, der Wert unserer Währung sinkt, und Korruption gibt es nach wie vor», sagt Opefeitan. Viele halten Obasanjo zugute, dass er selbst zumindest in keinen Korruptionsfall verwickelt war. Dennoch war die Mehrheit der Nigerianer selten so arm wie zur Zeit: Am Ende der ersten Amtszeit Obasanjos (1976-79) lebten 28 Prozent der Nigerianer unterhalb der Armutsgrenze - heute sind es mehr als doppelt so viele.

Bei seinem Amtsantritt 1999 versprach der Vertreter der Demokratischen Volkspartei (PDP) eine komplette Stromversorgung für den Ölstaat bis Ende 2001. Verschärft durch den Ölausfall nach Unruhen im Niger-Delta gehen stattdessen zwei Jahre später immer mehr Lichter aus.

Religiös und ethnisch motivierte Unruhen

Überschattet wurde Nigerias vierte Republik zudem von einer Reihe religiös wie ethnisch motivierter Unruhen, auf die Obasanjo keine andere Antwort als das Militär hatte. Rund 10 000 Menschen kamen dabei ums Leben. Die Geist der Militärdiktaturen lebte immer wieder auf.

Obasanjos stärkster Rivale ist der ehemalige Staatschef und Kandidat der Volkspartei Nigerias (ANPP), Muhammadu Buhari. Der 61-jährige Moslem aus dem Norden des Landes setzt auf die ethnische und religiöse Karte. Er unterstützte die Einführung der Scharia in zwölf Staaten des Nordens und forderte Moslems auf, nur Glaubensbrüder zu wählen. Doch etliche Nigerianer haben Buhari aus seiner Amtszeit bis 1985 als grausamen Juntachef in Erinnerung.

Veteranen des Biafra-Krieges

Obasanjo und Buhari sind beide Veteranen des Biafra-Krieges, in dem sie in den 60er Jahren den Sektionskampf des Chefs der abtrünnigen Republik Biafra, Chukwumeka Ojukwu, niederschlugen. Ex-General Ojukwu möchte nun für die Progessive Große Allianz (APGA) Präsident werden. Wie der vierte Ex-General im Rennen, Senator Ike Nwachukwu, ist Ojukwu ein Vertreter des Igbo-Stammes aus dem Südosten. Nwachukwu steht für die neugegründete Nationale Demokratische Partei (NDP).

Nigeria trägt an den Folgen jahrzehntelanger Militärherrschaft. «Die wenigen, die reich wurden, sind meist Militärs», meint Journalist Opefeitan. «Mit ihrem Vermögen haben sie noch heute die Macht.» Im Fall eines Wahlsieges könnte sich für Obasanjo die Geschichte wiederholen: Sechs Monate nach seiner Wahl 1999 ließ er das Militär einen Aufruhr im Niger-Delta niederschlagen. Bei dem Blutbad starben 3000 Menschen.

DPA
Antje Passenheim