Westerwelle-Besuch in der Türkei Anbindung ja, EU-Mitgliedschaft nein

Nahe, aber nicht zu nahe. So sieht Außenminister Westerwelle das ideale Verhältnis der Türkei zur Europäischen Union. Beim Zusammentreffen mit seinem türkischen Amtskollegen Ahmet Davutoglu nutzte der FDP-Politiker den Begriff "strategische Partnerschaft".

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) will die Türkei eng an Europa binden, jedoch nicht zwangsläufig als EU-Mitglied. "Wir haben ein großes Interesse daran, dass sich ein strategisch so wichtiger Partner wie die Türkei in Richtung Europa orientiert", sagte Westerwelle am Mittwoch in Istanbul. Gleichwohl sei der von Ankara angestrebte Beitritt zur Europäischen Union ein ergebnisoffener Prozess.

Deutschland habe "ein besonderes Interesse" an einer "Anbindung des Landes an die EU", sagte der Bundesaußenminister auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem türkischen Kollegen Ahmet Davutoglu. Gleichwohl sei dies ein ergebnisoffener und kein automatischer Prozess, sagte er mit Blick auf die laufenden Beitrittsverhandlungen des Landes mit der EU. Bereits vor seiner Reise in die Türkei hatte Westerwelle gesagt, die Türkei sei derzeit nicht beitritts- und die EU nicht aufnahmefähig.

Die EU verhandelt seit 2005 mit Ankara über einen Beitritt, die Gespräche gehen aber nur schleppend voran. Bislang wurden erst 13 der insgesamt 35 Beitrittskapitel geöffnet. Hauptgrund für die Verzögerungen ist der ungelöste Streit mit der griechischen Republik Zypern. Berlin und Paris sind die beiden Hauptgegner einer EU-Mitgliedschaft des muslimisch geprägten Landes. Sie plädieren stattdessen für eine "privilegierte Partnerschaft", was Westerwelle in Istanbul erneut unterstrich. Er sprach sich zudem dafür aus, die Fortschritte der Türkei bei den Beitrittskriterien "objektiv" zu untersuchen.

Ein EU-Beitritt der Türkei wird etwa von Großbritannien gefordert. Premierminister David Cameron, der zu Wochenbeginn in Ankara war, hatte sich "verärgert" über die schleppenden Verhandlungen gezeigt und indirekt auch Berlin und Paris kritisiert.

Westerwelle betonte zudem die engen bilateralen Beziehungen zwischen Berlin und Ankara. Beide Länder seien durch "einmalige, enge persönliche Bindungen" als Länder miteinander verknüpft. Die Basis der Beziehungen sei angesichts von 3,5 Millionen in Deutschland lebenden Menschen türkischer Herkunft und drei Millionen Türken, die einen Teil ihres Lebens in Deutschland verbracht hätten, "tragfähig". Sie solle zudem "intensiviert und ausgebaut" werden, sagte Westerwelle in Istanbul.

Davutoglu rief Deutschland zu einer stärkeren Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung auf. Die Türkei erwarte von ihren "europäischen Freunden allgemein und von Deutschland im Besonderen" eine "aktivere" Kooperation, sagte er. Westerwelle betonte, bei der Terrorismusbekämpfung stehe der gemeinsame Erfolg im Vordergrund, daran gebe es "überhaupt gar keinen Zweifel". Westerwelle traf nach seinem Besuch in Istanbul in der Hauptstadt Ankara auch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan zusammen.

Grünen-Chefin Claudia Roth warf Westerwelle vor, mit der Verwendung der Bezeichnung "strategische Partnerschaft" für das Verhältnis Ankaras zur EU sei er vor Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) "eingeknickt". Westerwelle sei "nicht in der Lage, eigene Akzente zu setzen", erklärte Roth in Berlin. Westerwelle vergebe mit seiner ablehnenden Haltung zu einem EU-Beitritt die "Chancen für Sicherheit und Menschenrechte, für Integration und bessere wirtschaftliche Zusammenarbeit", die in einer Mitgliedschaft der Türkei lägen.

AFP
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