Weil in der Schwärze alles gleich aussieht, wirkt Shi'b al Batum in der Nacht wie ein friedliches Dorf. Die Konturen eines Hügelkamms. Steine und Sand. Am Himmel der leuchtende Halbmond und das Grollen der Armeeflugzeuge, wie überall in Israel und dem Westjordanland in diesen Tagen. Aus dem Stall kommt ein Scharren, dann ein leises Eselwiehern. Ein paar der jüngeren Dorfbewohner sitzen noch um drei Uhr morgens auf roten Plastikstühlen ums Lagerfeuer. Sie spielen Videospiele auf dem Handy, schlürfen süßen Tee, rauchen Wasserpfeife.
Plötzlich dringt von irgendwoher das Geräusch eines Motors. Auf dem Hügel, der dem Dorf gegenüberliegt, bewegt sich ein ratternder winziger Lichtpunkt bergab und wieder bergauf. Es ist die nächtliche Patrouille der jüdischen Siedlung Abigail, aus der die Dörfer hier in der Gegend immer wieder von Extremisten angegriffen worden sind. Nach einigen Augenblicken verstummt der Motor wieder. Aufatmen. Die Nacht vergeht ruhig.
Wer in Israel und den palästinensischen Gebieten etwas über die Zukunft des Landes erfahren will, sollte nicht in Tel Aviv, sondern in den Dörfern des Westjordanlandes nach Antworten suchen. Entwicklungen, die später das ganze Land beeinflussen werden, beginnen meist an kleinen Orten wie Shi'b al Batum, in Dörfern, wo lange niemand hinschaut.