Beim Bundesparteitag der Alternative für Deutschland (AfD) ist es am Sonntag zu tumultartigen Szenen gekommen. Parteigründer Bernd Lucke, der am Vortag bei der Wahl zum Vorsitzenden Frauke Petry unterlegen war, drohte im Saal vor einer Gruppe von Mitgliedern und Gästen mit seinem Austritt aus der Partei. Zugleich betonte er: "Ich werde keinen Schnellschuss machen." Auf das Drängen des stellvertretenden Vorsitzenden Alexander Gauland, der AfD nicht den Rücken zu kehren, reagierte er nicht. "Die Partei hat sich ganz grundsätzlich verändert", sagte Lucke. Im Saal verbreitete sich jedoch das Gerücht, er sei bereits ausgetreten. Daraufhin gab es Gedränge und Gejohle.
Lucke befürchtet ein Abdriften der Partei in das rechte Spektrum. Er sagte, er habe die Sorge, dass sich die AfD in Richtung der rechtsextremen Front National (FN) in Frankreich bewege. "Die Themen und Stimmungen deuten leider darauf hin", sagte Lucke.
Partei vor der Spaltung
Im neuen Parteivorstand dominieren die Vertreter des rechten Flügels. Am Samstag wählten die Mitglieder der 2013 gegründeten Protestpartei Frauke Petry aus Sachsen zur Ersten Vorsitzenden. Ihr Stellvertreter wurde der Professor für Volkswirtschaft, Jörg Meuthen. Am Sonntag wurden der Brandenburger AfD-Chef Alexander Gauland, die Europaparlamentarierin Beatrix von Storch und Albrecht Glaser aus dem Führungstrio der AfD in Hessen zu stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
Lucke dementierte, dass er bereits aus der Partei ausgetreten sei. Er sei aber bestürzt, wie auf dem Parteitag bestimmte Themen mit frenetischem Beifall aufgenommen worden seien. Als Beispiel nannte er die Aussage Petrys, der Islam sei generell eine staatsfeindliche Religion. "Dies halte ich wiederum für eine islamfeindliche Äußerung, für eine Ausgrenzung muslimischer Mitbürger." Ebenso wandte er sich "ganz entschieden" gegen die Darstellung des NRW-Landesvorsitzenden Marcus Pretzell, die AfD sei "auch eine Pegida-Partei".
Zur Zukunft des von ihm gegründeten Vereins "Weckruf 2015" zur Stärkung des wirtschaftsliberalen Kurses in der Partei sagte Lucke, dies werde sich in den nächsten Tagen entscheiden. Zunächst würden die Mitglieder des "Weckrufs" befragt, ob sie sich einen Verbleib in der AfD vorstellen könnten. Bei einem Nein würden voraussichtlich alle gemeinsam die Partei verlassen. Lucke verwies darauf, dass bereits seit Samstag eine große Zahl von Mitgliedern aus der AfD ausgetreten sei.