Islamisches Zentrum Hamburg CDU-Innenexperte: "Viele Politiker sind im Umgang mit dieser Organisation zu naiv gewesen"

Polizeibeamte vor der Blauen Moschee
Im Zentrum der Ermittlungen: Die sogenannte Blaue Moschee an der Hamburger Außenalster
© Daniel Bockwoldt / DPA
Das "Islamische Zentrum Hamburg" wird seit Jahren vom Verfassungsschutz als islamistisch eingestuft. Nun wurden dort wie bundesweit Räume der Organisation durchsucht. Deutlich zu spät, kritisiert der Hamburger CDU-Abgeordnete Dennis Gladiator.

Am frühen Donnerstagmorgen durchsuchten mehr als Hunderte Einsatzkräfte der Polizei die Imam-Ali-Moschee und weitere Gebäude des "Islamischen Zentrum Hamburgs" (IZH) in sieben Bundesländern. Die Organisation steht laut Bundesinnenministerium unter Verdacht, sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung zu richten. Der Verein gilt als verlängerter Arm des iranischen Regimes und soll außerdem die proiranische schiitische Terrororganisation Hisbollah aus dem Libanon unterstützen.

Vom Verfassungsschutz wird das IZH bereits seit langer Zeit beobachtet und als islamistisch eingestuft. Politiker verschiedenster Parteien fordern ein Verbot. Laut Hamburgs Innensenator Andy Grote wäre man diesem mit den heutigen Durchsuchungen einen deutlichen Schritt näher gekommen. Aus der Opposition hört man derweil ein gemischtes Fazit. 

Der CDU-Politiker Dennis Gladiator begrüßt die Razzia zwar, zeigt sich aber verwundert über den Zeitpunkt. Gladiator ist Fachsprecher für Inneres, Verfassungsschutz und Antisemitismus der Hamburger Christdemokraten. Im Interview mit dem stern wirft er der Bundesregierung und dem rot-grünen Senat Naivität und zu wenig Nachdruck vor. Die Beweise für ein Verbotsverfahren würden bereits seit Jahren auf dem Tisch liegen.

Die Polizei geht gegen das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) vor. In sieben Bundesländern durchsuchten Beamte 54 Gebäude, unter anderem die Blaue Moschee an der Hamburger Außenalster, die als Zentrum des IZH fungiert. Kam diese Razzia überraschend für Sie? 

Dass die Razzia heute durchgeführt wurde, wusste ich vorher natürlich nicht. An sich waren die Durchsuchungen aufgrund des Verbotsverfahrens aber alles andere als überraschend.

Wie beurteilen Sie die Durchsuchungen der Blauen Moschee und anderen Räumlichkeiten des IZH?

Das IZH ist zweifelsfrei nachgewiesen der verlängerte Arm des antisemitischen Mullah-Regimes des Iran, welches Israel von der Landkarte streichen will. Das IZH selbst hat lange Zeit antisemitische Ideologie, Hass und Hetze in unserer Stadt verbreitet. All das ist seit Jahren bekannt. Viele Politiker sind im Umgang mit dieser Organisation zu naiv gewesen oder waren nicht gewillt, im Sinne unserer Verfassung aktiv zu werden. Trotzdem bin ich froh, dass nun endlich gehandelt wurde.

Daniel Gladiator ist Parlamentarischer Geschäftsführer der Hamburger CDU und Fachsprecher für Inneres, Verfassungsschutz und Antisemitismus.
Daniel Gladiator ist Parlamentarischer Geschäftsführer der Hamburger CDU und Fachsprecher für Inneres, Verfassungsschutz und Antisemitismus.
© CDU Hamburg

Wie genau lassen sich diese Verbindung in den Iran nachvollziehen? Wer finanziert die Arbeit des IZH?

Nicht alles, was ich als Mitglied eines Kontrollausschusses wissen könnte, dürfte ich auch öffentlich äußern. Es würde mich überraschen, wenn die Stellen, die das Verbotsverfahren derzeit durchführen, keinen Nachweis für eine Finanzierung vorliegen haben.  

CDU und Grüne hatten bereits seit dem Frühjahr immer wieder auf ein Verbot des IZH gepocht. Wieso hat es so lange gedauert?

Wir als CDU-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft fordern ein Verbotsverfahren schon deutlich länger als die Grünen. Dass es so lange gedauert hat, liegt am Bund. Es fehlte der politische Wille und Nachdruck von SPD und Grünen in Hamburg und der Bundesregierung – vor allem aber auch von Nancy Faeser. Die Informationen, die für ein Verbotsverfahren benötigt werden, hat der Hamburger Verfassungsschutz lange geliefert. Anscheinend brauchte es die barbarischen Terrorakte der Hamas, um den Druck auf die Bundespolitik zu erhöhen. Das ist äußerst fragwürdig.

CDU-Innenexperte Gladiator: "Hier geht es nicht um Religion, sondern Extremismus"

Der Hamburger Verfassungsschutz hat die IZH allerdings bereits seit Anfang der 1990er Jahre auf dem Schirm. Gibt es also nicht auch andere Gründe, die ein Verbotsverfahren erschweren?

Das ist korrekt, wir befassen uns in Hamburg seit sehr vielen Jahren mit diesem Thema. Das IZH war lange Teil der Schura (Rat der islamischen Gemeinschaft in Hamburg, Anmerkung der Redaktion). Die Schura ist im Rahmen der Staatsverträge Partner der Hansestadt Hamburg. Das erschwert ein Verbotsverfahren für SPD und Grüne offenbar gewaltig. Wir als CDU fordern seit Jahren eine Aussetzung dieser Verträge.

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Das IZH ist aber doch vergangenes Jahr nach einer langen internen Auseinandersetzung aus der Schura ausgetreten. Hätte ein Verbot des IZH nicht vielmehr einen positiven Einfluss auf iranische Oppositionelle und Muslime, die hierzulande unter Druck gesetzt werden?

Ein Verbot des IZH kommt Muslimen, die friedlich in Hamburg leben und mit dem politischen Islam nichts zu tun haben besonders zugute. Ich möchte ganz klar betonen: Hier geht es nicht um Religion, sondern um politischen Extremismus und Antisemitismus.

Was erwarten Sie für den weiteren Verlauf des Verbotsverfahrens?

Ich hoffe zunächst, dass bei dem heutigen Einsatz weitere Beweismaterialien sichergestellt werden konnten. Durch das lange Hinauszögern des Verbotsverfahrens hatten die Betroffenen schließlich genügend Zeit belastendes Material verschwinden zu lassen. Ich gehe davon aus, dass die Beweise, die bereits jetzt vorliegen eindeutig genug sind. Meine Erwartung ist, dass die Auswertung rechtsstaatlich sorgfältig erfolgt und ein Verbot zügig durchgesetzt wird. Das IZH muss aus Hamburg verschwinden. Für Antisemiten gibt es hier keinen Platz.