Der Haftbefehl gegen den Islamistenführer Metin Kaplan ist am Donnerstagabend aufgehoben und die Fahndung nach ihm eingestellt worden. Das teilte die Polizei Köln mit. Zuvor hatte das Kölner Verwaltungsgericht entschieden, dass der selbst ernannte "Kalif von Köln" in den kommenden zwei Monaten nicht abgeschoben werden darf. Von Kaplan fehlte bis zum Abend weiterhin jeder Spur.
Eilantrag stattgegeben
Ein Eilantrag auf Aussetzung der Abschiebung war am Mittwoch von Kaplans Rechtsanwältin beim Verwaltungsgericht gegen die Stadt Köln gestellt worden. Mit der Entscheidung sei die Grundlage für den Haftbefehl entfallen, hieß es in einer Erklärung der Stadt Köln, die die Aufhebung beantragte. Falls Kaplan bei der Ausländerbehörde eine neue Duldung beantrage, müsse ihm diese für die vom Gericht zugebilligten zwei Monate ausgehändigt werden, hieß es.
"Mit dem Antrag sollte verhindert werden, dass noch vor der Rechtskraft der Entscheidung in Münster Metin Kaplan abgeschoben wird", sagte ein Sprecher des Verwaltungsgerichts Köln auf Anfrage. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hatte am Mittwoch erklärt, dass in der Türkei keine schwerwiegenden Hindernisse für die Abschiebung Kaplans vorlägen. Daraufhin hatte die Stadt Köln den Haftbefehl gegen den Extremisten erlassen. Die Polizei hatte ihn jedoch nicht zu Hause angetroffen. Kaplan droht in der Türkei ein Prozess wegen Hochverrats.
Das OVG Münster hatte Kaplan die Möglichkeit einer Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eröffnet. Einen Tag nach dem Urteil war nicht klar, ob Kaplan noch vor einer Revision in die Türkei abgeschoben werden darf.
Kaplan untergetaucht
Seit Mittwochabend ist Kaplan verschwunden. Am Donnerstag wurde auf Veranlassung des nordrhein-westfälischen Innenministers Fritz Behrens (SPD) europaweit nach ihm gesucht - bis zur Aufhebung des Haftbefehls. Behrens selbst geriet wegen des Verschwinden Kaplans und der Überwachungspraxis unter Druck.
Politiker aus Bund und Land sprachen von einer peinlichen Panne. Die FDP verlangte den Rücktritt des Ministers. Behrens wies die Vorwürfe zurück und sicherte eine lückenlose Aufklärung des Falles zu. Er nahm die Kölner Behörden in Schutz und erklärte, sie hätten richtig gehandelt.

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Die Kölner Polizei habe wegen des zu erwartenden Urteils seit 8.15 Uhr am Mittwochmorgen das Hochhaus überwacht, in dem Kaplan lebe, erklärte Kölns Polizeipräsident Klaus Steffenhagen. Das Urteil in Münster fiel um 17.44 Uhr, der Haftbefehl gegen Kaplan folgte um 18.25 Uhr. Die Polizei traf um 18.45 Uhr in der Wohnung ein, fand den Islamistenführer aber nicht mehr vor.
Seit Beginn der Überwachung am Mittwochmorgen habe Kaplan sein Haus weder verlassen noch betreten, sagte Steffenhagen. Autos, die aus der Tiefgarage kommen, wurden jedoch aus rechtlichen Gründen nicht kontrolliert. Steffenhagen hielt es für möglich, dass Kaplan sich noch in dem Hochhaus aufhielt. Es sei jedoch rechtlich nicht möglich, alle 260 Wohnungen zu durchsuchen.
Zeitung: Panne bei Übergabe
Mehrere Zeitungen berichten in ihren Freitagausgaben über Übergabepannen bei der Observierung durch Verfassungsschutz und Polizei. Der "Kölner Stadt-Anzeiger" berichtete unter Berufung auf "gut informierte Kreise", Kaplan sei zunächst vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet worden. Wegen des erwarteten Abschiebeurteils von Münster und des Haftbefehls habe dann die Polizei übernommen, weil der Verfassungsschutz nicht zugreifen dürfe. Ähnlich berichtete die "Frankfurter Rundschau".
Das "Westfalenblatt" berichtete, bei der Übergabe von einer Bundesbehörde zur Polizei solle es eine zeitliche Lücke gegeben haben. Das Bundesamt für Verfassungsschutz äußerte sich dazu am Donnerstag offiziell nicht. Vom Bundesinnenministerium war bis zum Donnerstagabend keine Stellungnahme zu erhalten. Auch die Kölner Polizei machte keinerlei Angaben darüber, ob in die Observierung andere Sicherheitsbehörden wie der Verfassungsschutz einbezogen waren.