Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und CDU-Vize Jürgen Rüttgers hat eine "Grundrevision von Hartz IV" gefordert. "Die Vorschriften der Hartz- Gesetze sind nicht stimmig", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ/Freitag). Steuersenkungen müssten von der Entwicklung der Einnahmen der öffentlichen Haushalte abhängig gemacht werden. "Der Bund, die Länder und die kommunalen Spitzenverbände werden noch in diesem Jahr beginnen, über die strukturellen Probleme der kommunalen Finanzen zu reden", kündigte Rüttgers an.
Rüttgers und CSU-Chef Horst Seehofer hatten zuvor bei der Klausur der CSU-Landesgruppe in Wildbad Kreuth am Donnerstag von einem "Neustart" der noch jungen schwarz-gelben Koalition gesprochen, die ihren wochenlangen Krach mit einem Spitzengespräch im Kanzleramt am 17. Januar bereinigen will.
Rüttgers bekräftigte in der "FAZ" seine Kritik an Hartz IV: "Der Hauptfehler war, dass eines der tragenden Ordnungsprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft, nämlich das Leistungsprinzip, mit Füßen getreten wurde." Zudem habe das "Fördern nicht geklappt". Weitgehenden Korrekturbedarf sieht Rüttgers bei den Regelungen für Alleinerziehende und Kinder. "Alleinerziehende Mütter tragen mit das größte Armutsrisiko in Deutschland. Es kann nicht sein, dass die Entscheidung für das Kind bestraft wird."
Neben dem Ausbau der Kinderbetreuung und Hilfen für den beruflichen Wiedereinstieg plädierte Rüttgers für die Erhöhung des Unterhaltsvorschusses für alle minderjährigen Kinder, deren Väter ihrer Zahlungspflicht nicht nachkommen. Die pauschalisierten Leistungen für Kinder sollten künftig altersangemessen berechnet werden, sagte Rüttgers der "FAZ".
Nach der von Schwarz-Gelb vereinbarten Erhöhung des Schonvermögens für Langzeitarbeitslose forderte Rüttgers eine Neuregelung für die Unterkunftskosten im Rahmen von Hartz IV. "Die sind durch Bundesgesetz veranlasst und sind zu einer ganz großen Belastung der kommunalen Haushalte geworden." Die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose müssten erweitert werden, "damit der Ausstieg aus Hartz IV besser gelingt".