Junge Alternative AfD-Jugend als rechtsextremistische Bestrebung eingestuft – was das für Folgen hat

Mitglieder stehen in Bottrop (Nordrhein-Westfalen) beim Bundeskongress der Jungen Alternative nebeneinander
Mitglieder stehen in Bottrop (Nordrhein-Westfalen) beim Bundeskongress der Jungen Alternative, der Jugendorganisation der Alternative für Deutschland (AfD)
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Mehr als vier Jahre lang hat das Bundesamt für Verfassungsschutz die Jugendorganisation der AfD als Verdachtsfall beobachtet. Jetzt ist sich die Sicherheitsbehörde sicher: Diese Vereinigung verfolgt verfassungsfeindliche Ziele. Das hat auch Folgen für Mitglieder der Organisation.

Die Jugendorganisation der AfD wird vom Verfassungsschutz künftig als gesichert rechtsextremistische Bestrebung beobachtet. Das teilte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) am Mittwoch mit. Auch zwei weitere Gruppierungen der Neuen Rechten wurden entsprechend eingestuft.

"Es bestehen keine Zweifel mehr, dass diese drei Personenzusammenschlüsse verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen", sagte BfV-Präsident Thomas Haldenwang. "Sie werden deshalb vom BfV als gesichert rechtsextremistische Bestrebungen eingeordnet und bearbeitet."

Alle drei Vereinigungen waren bislang als rechtsextremistische Verdachtsfälle vom Inlandsnachrichtendienst bearbeitet worden.

Einstufung als rechtsextremistisch hat Folgen für Mitglieder der AfD-Jugend

Bei einem Verdachtsfall liegen "hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte" für verfassungsfeindliche Bestrebungen vor. Das Bundesamt für Verfassungsschutz kann dann personenbezogene Daten auswerten und speichern. Das Bundesamt kann auch bei Verdachtsfällen bereits unter strengen Voraussetzungen schon nachrichtendienstliche Mittel einsetzen, also heimlich Informationen beschaffen – etwa durch Observation oder das Anwerben von Informanten. Nach einer gewissen Zeit, deren Dauer auf Bundesebene nicht gesetzlich geregelt ist, entscheidet der Verfassungsschutz, ob sich der Verdacht erhärtet oder nicht.

Die Einstufung als rechtsextremistisch hat für die betroffenen Organisationen und ihre Mitglieder erhebliche Auswirkungen: Die Verhältnismäßigkeit beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wird anders bewertet. Wird zu jemandem, der einer extremistischen Bestrebung zugerechnet wird, eine Sicherheitsüberprüfung vorgenommen – etwa, weil er eine Erlaubnis zum Besitz von Waffen beantragt – fällt das, was der Verfassungsschutz dafür zuliefert, anders aus.

Mitglieder einer verfassungsfeindlichen Organisation gelten zudem als waffenrechtlich unzuverlässig. Das heißt, Waffenscheine können ihnen verweigert oder wieder entzogen werden. Der Verfassungsschutz berichtet zudem ausführlicher über die ihm vorliegenden Erkenntnisse.

Einstufung könnte Auswirkung für Beschäftigte im öffentlichen Dienst haben

Besonders problematisch ist die Einstufung für JA-Mitglieder, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind – haben sie doch einen Eid auf die Verfassung abgelegt und sich verpflichtet, das Grundgesetz zu schützen.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums wies darauf hin, dass die Einstufung keine pauschalen Auswirkungen auf Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst habe. Nötig sei hier immer um eine Einzelfallprüfung, "ob sich jemand auf dem Boden des Grundgesetzes befindet oder extremistische Bestrebungen verfolgt".

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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In einem Bericht des Bundesinnenministeriums von 2020 heißt es, die Wahrnehmung von herausgehobenen Funktionsämtern oder von Wahlkandidaturen in einer Partei oder Organisation, die durch das BfV als verfassungsfeindliches Beobachtungsobjekt identifiziert wurde, sei "als über die bloße Mitgliedschaft hinausgehende Aktivitäten zu bewerten, welche die Annahme eines Verstoßes gegen die politische Treuepflicht rechtfertigen".

Der Verfassungsschutz hatte die JA im Januar 2019 als Verdachtsfall und damit auch als Beobachtungsobjekt eingestuft. Die AfD hatte versucht, die Beobachtung der JA und der Gesamtpartei als Verdachtsfall jeweils mit juristischen Mitteln zu verhindern. Beide Klagen scheiterten jedoch vor dem Verwaltungsgericht Köln. Die Partei legte später Berufung gegen die Urteile ein. Das Verfahren am Oberverwaltungsgericht in Münster ist noch nicht abgeschlossen.

AFP · DPA
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